Einwanderer in Walser Gemeinden
von Jodok Müller, Eliane Fritz, David Ganahl, Hubert Sele, Gebhard Fritz und weitere
von Jodok Müller, Eliane Fritz, David Ganahl, Hubert Sele, Gebhard Fritz und weitere
von Jodok Müller, Monika Bischof, Stefan Heim u. a.
von Jodok Müller, Birgit Heinrich, David Ganahl, Monika Bischof, Hubert Sele, Manfred Beck und weitere
von Jodok Müller, Monika Bischof, Stefan Heim u. a.
von Jodok Müller, Stefan Eggel, David Ganahl, Amanda Nesensohn, Eliane Fritz, Monika Bischof, Hubert Sele
von Jodok Müller, Monika Bischof, Stefan Heim u.a
von Eliane Fritz, Hubert Sele, Jodok Müller, Amanda Nesensohn, Monika Bischof, David Ganahl, Monika Gärtner
von Jodok Müller, Monika Bischof, Stefan Heim u.a.
von Jodok Müller, Evelyn Fink-Mennel, David Ganahl, Amanda Nesensohn, Hubert Sele, Birgit Heinrich, Eliane Fritz, Toni Mattle
von Jodok Müller, Monika Bischof, Stefan Heim u.a.
Das Laternsertal stellt ein Längstal dar, welches in Ost-West-Richtung über eine Gesamtlänge von 13 km verläuft. Die Abschlüsse dieses Tales werden talauswärts von einem schluchtartigen Ausgang in zirka 500 m Seehöhe gebildet, das ostseitige Talende befindet sich im Bereich des Furkajochs auf zirka 1.760 m Seehöhe.
Die gesamte Talschaft wird von der Frutz entwässert. Auf etwa drei Viertel ihres Verlaufes hat sich dieses Gewässer in das anstehende Gestein eingeschnitten. Aufgrund der erodierenden Tätigkeit der Frutz sind im Laternsertal überwiegend zwei Typen von Talquerschnitten zu finden. Einmal die V-förmigen Kerbtäler, die sich in den weicheren und mergeligen Materialien gebildet haben. Diese sind vegetationsbewachsen und im hinteren Talbereich zu finden. Die zweite Talform stellen die canyonartigen Schluchten mit senkrechten und eng zusammentretenden Felswänden dar. Diese Schluchten haben sich in den relativ harten Schrattenkalken in der Talmündung bei Rankweil und vor allem in den Kieselkalken im Bereich der heutigen Übleschlucht gebildet (Alter zirka 126 bis 130 Millionen Jahre).
von Josef Eberle, Manfred Beck, Karl Fritsche, Günther Groß, Monika Bischof, Dietmar Breuß, Andreas Amann, Christian Kuehs, Karin Moser, Eliane Fritz, Reinhard Braxmaier, Monika Gärtner
von Jodok Müller, Monika Bischof, Stefan Heim u.a.
Triesenberg ist 1355 erstmals urkundlich erwähnt. Diese älteste Urkunde ist auf den 29. Oktober des Jahres 1355 datiert. Ammann Ulrich von Lachen, Amtmann der minderjährigen Kinder des Grafen Hartmann sel. zu Vaduz beurkundet, dass er einen Belehnungsstreit zwischen den Schaanern und einigen Wallisern am Triesenberg gütlich beigelegt habe. Der Schiedsspruch lautet: „Die Schaaner geben den genannten sieben Wallisern die Güter, nämlich ihren Teil von Malbun, den die Walliser vormals gehabt haben, Gamswald und Stafiniel, zu einem rechten Erblehen um acht Pfund Pfennig jährlichen Zins, welchen sie auf Martini den Kirchenpflegern der Kirche zum hl. Laurentius in Schaan zu entrichten haben.“
Dia Aana sei zwar scho äältli, aber no rüschtagi gsi, und schi seien wackr uuszoga und guat cho a ds Zil.
(Anni Hilbe, Triesenberg)
Eintragung aus dem Jahr 1320 des Jacobus Moser, Pfleger zu Nauders, im Rechnungsbuch. Original liegt im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München, „Tirol“ n. 11, fol. 88a.
700 Jahre Walser. 700 Jahre, in denen sich in Mitteleuropa vieles verändert und gewandelt hat. Und die Walser? Ganz sicher, auch sie haben sich verändert und dennoch, der besondere Menschenschlag der Walser ist geblieben. Das Walserbewusstsein zeigt sich heute noch unter anderem in der Pflege des Brauchtums, im gesprochenen Walserdialekt und im stolzen Tragen der Walsertrachten. Doch ist das alles oder ist das Walserbewusstsein tiefer verankert?
1962 wurde in Saas-Fee im Wallis auf Initiative der deutschen Baronin Tita von Oetinger das erste Internationale Walsertreffen veranstaltet. Die Begeisterung und Freude der Teilnehmer sei außergewöhnlich groß gewesen. Die anwesenden Repräsentanten sowie die Wissenschaftler der Volkskunde aus der Schweiz, Liechtenstein, Vorarlberg und dem Piemont in Italien sahen die Möglichkeiten einer grenzüberschreitenden Kulturpflege. So kam es zur Gründung der Vereinigung für Walsertum mit dem Sitz in Brig. Es wurde beschlossen, alle drei Jahre jeweils abwechselnd in der Schweiz, im italienischen Piemont, in Triesenberg in Liechtenstein und in Vorarlberg ein Internationales Walsertreffen zu organisieren, das von der jeweiligen Region beziehungsweise vom jeweiligen Land veranstaltet wird.
100 Ausgaben der Walserheimat sind in den vergangenen 50 Jahren erschienen. Zeit für einen Rückblick auf die Geschichte der Walserheimat und ein guter Anlass, allen Redakteuren, Chronisten und Fotografen für ihren Einsatz und die geleistete Arbeit zu danken. Bedanken möchten wir uns auch bei allen Leserinnen und Lesern der Walserheimat, die uns so viele Jahre die Treue gehalten haben.
Festrede von Dr. Ulrich Nachbaur beim Festakt „700 Jahre Walser in Vorarlberg 1313 – 2013“ der Vorarlberger Walservereinigung am 9. Juni 2013 im Gemeindesaal Damüls.
Am 31. Juli 1914 langte um 21:00 Uhr vom Abteilungskommando das Telegramm von der allerhöchst angeordneten allgemeinen Mobilmachung ein. Wachtmeister Johann Stampfl und Vizewachtmeister Johann Steixner übergaben diese an Gemeindevorsteher Franz Josef Felder in Riezlern. Die Gemeindevertretung begann mit der Verlautbarung im Rayon (Zuständigkeitsbereich einer Sicherheitsbehörde).
Erich Lorenz (1923-1996), Gastwirt vom Hotel Alpenrose, Landwirt und Chronist der Gemeinde Galtür, hat bis zu seinem Lebensende eine sehr ausführliche Chronik geführt. In zwei Büchern hat er auf jeweils zirka 800 Seiten handschriftlich die Chronik von Galtür geschrieben. Auf Basis verschiedener mündlicher Berichte schrieb er auch über den Ersten Weltkrieg in Galtür. Der folgende Bericht umfasst die Seiten 499 bis 511 seiner handgeschriebenen Chronik. Als Dank und Anerkennung für seine Leistungen verlieh ihm die Gemeinde Galtür im Jahr 1995 das silberne Ehrenzeichen der Gemeinde.
Auf der Suche nach einer Identität
„Ihr seid ja lieber Deutsche als Österreicher.“ „Als es noch den Schilling gab, habt ihr diesen nicht angenommen, ihr wolltet damals nur Mark.“ „Bei Wahlen wählt ihr in Deutschland, oder?“ Immer wieder wird man als Kleinwalsertaler mit diesen und ähnlichen Fragen und Aussagen konfrontiert. Vor allem als Jugendlicher und junger Erwachsener ärgerte ich mich über dieses Bild der Gemeinde Mittelberg (Kleinwalsertal) im übrigen „Ländle“. Bei einem Kurs des Wirtschaftsförderungsinstitutes 1992 muss ich mich derart darüber aufgeregt haben, dass sich beim nächsten Kurstag eine Teilnehmerin bei mir entschuldigt hat. Immer wieder nehme ich dieses Rollenbild meines Heimattales mit Verwunderung wahr. Bei der Siegerehrung der Internationalen Walser Skimeisterschaften im Laternsertal 2013 begrüßte die Musik die „Walser aus Deutschland“. Der ansonsten aufbrausende Jubel unterblieb und die Musiker schauten etwas verwundert in die Runde. Hatten sie die Walser aus dem Kleinwalsertal gemeint? In einer Masterarbeit aus dem Jahr 2011 wird die Gemeinde dann gleich ganz nach Deutschland verortet.
Woher kommt dieses Bild des Tales? Versuchen wir, diesem sehr emotionalen Thema sachlich zu begegnen. Von den in der Gemeinde Mittelberg 4.846 gemeldeten Bürgern mit Hauptwohnsitz sind 2.774 oder 57,2 Prozent Österreicher und 1.381 oder 28,5 Prozent deutsche Staatsbürger. 265 Personen oder 5,5 Prozent stammen aus den Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Die nächst größere Gruppe sind mit 140 Personen oder 2,9 Prozent die Ungarn. 28,5 Prozent deutsche Staatsbürger scheinen schon ein recht großes Indiz für eine tendenzielle Wahrnehmung als „Deutsche“ zu sein. Werfen wir noch einen Blick in die Geschichte. Am 1. Mai 1891 trat der sogenannte Zollanschlussvertrag in Kraft. Vereinfacht gesagt blieb das Tal zwar österreichisches Hoheitsgebiet, wurde wirtschaftlich aber an Deutschland angeschlossen. Die Zollgrenze wurde hinter die Gemeindegrenze verlegt. Dieser für die Gemeinde Mittelberg äußerst wichtige Vertrag und dessen Auswirkungen tragen vermutlich die „Hauptschuld“ an der Wahrnehmung des Tales als sehr „deutsch“. Vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union betraf das einerseits die Einfuhr von Gütern, hauptsächlich aus Deutschland, und vor der Einführung des Euro die deutsche Währung. So haben sich Bezeichnungen wie Quark, Aprikosen oder Tesa im Sprachgebrauch etabliert, ohne dass es die Bürger als „nicht österreichisch“ einstufen. Mit Bezeichnungen wie Tixo, Soletti oder Qimiq wissen im Gegenzug viele nichts anzufangen. Mit der rasanten Entwicklung des Tourismus siedelten sich bereits Ende der 1920er- und speziell zu Beginn der 1930er-Jahre viele „Reichsdeutsche“ im Tal an. Im Jahr 1933 wohnten 384 oder 21,7 Prozent deutsche Bürger im Tal. Sie brachten meist Kapital mit und waren oft Pioniere des neuen Wirtschaftszweiges. Andererseits war zu dieser Zeit die alteingesessene Bevölkerung noch sehr landwirtschaftlich geprägt. 1934 gründeten 400 Einheimische den österreichisch patriotischen „Walserbund“, welcher „der bedrohten Heimat und ihrem Volkstum unverbrüchliche Treue“ schwor.
Gerne werden die nie verwirklichten Straßenprojekte zitiert, um aufzuzeigen, dass die Kleinwalsertaler nicht zu Vorarlberg bzw. Österreich gehören wollten bzw. wollen. Bei allen geplanten größeren Straßenbauprojekten ging es allerdings um größere Zusammenhänge und nicht primär um die Anbindung des Tales an das Land. Der erste Denkansatz entstand bereits beim Bau der Flexenstraße, geplant wurde später die sogenannte Widdersteinstraße im Großdeutschen Reich. Die französische Besatzung nahm die Planungen zunächst wieder auf, hatte aber das Interesse nach Abzug der letzten französischen Soldaten aus dem Tal schnell verloren. Auch bei den Planungen in den 1960er-Jahren ging es der Landesregierung nicht unbedingt um die Verbindung des Tales mit dem Land, sondern um eine „Fremdenverkehrs- Transversale Oberstdorf – Davos“. Die auch als „Walser Transversale“ bezeichnete Straße sollte von Oberstdorf durch das Kleinwalsertal in den Bregenzerwald, über Damüls in das Große Walsertal und durch das Montafon bis nach Davos im Prättigau führen. Sie sollte als Ausflugsstrecke für eine Attraktionsbereicherung in den Tourismusregionen Allgäu, Bregenzerwald, Großes Walsertal, Montafon und Prättigau sorgen und die Wirtschaft ankurbeln. Ablehnung kam nicht nur aus dem Kleinwalsertal, sondern auch aus dem Allgäu, Bregenzerwald und Montafon. Selbst bei Verwirklichung einer dieser Projekte wäre der Weg ins „Land“ länger als in den nahen deutschen Nachbarort Oberstdorf geblieben.
Von außen betrachtet könnte es wirklich so aussehen, als ob die Kleinwalsertaler lieber Deutsche wären. Verstärkt wird dies zusätzlich dadurch, dass bei einem Anteil von 28,5 Prozent deutscher Staatsbürger, Gästen, Saisonpersonal und vielen verwandtschaftlichen Vermischungen von doch einigen kein ausgeprägter Dialekt mehr gesprochen wird. Dennoch sind interessanterweise gerade jüngere Menschen bemüht, die Walser Sprache zu pflegen.
Wie sieht aber die Sicht der Einheimischen aus? Ein Blick in meine eigene Kinderstube: Meine Geschwister und ich wurden von meinen Eltern vor allem als „Walser“ großgezogen. Es wurde bei uns die „VN“ (Vorarlberger Nachrichten) gelesen, obwohl sie erst nach Mittag mit der Post kam und verglichen mit dem Allgäuer Anzeigeblatt kaum über das Tal berichtete. Bei Skirennen war mehr als klar, dass wir Österreicher sind – unser erstes großes Idol war Franz Klammer. Nur mein Vater scherte aus, er war bekennender Schweizer Fan. Meiner Tante, die ein Café betrieb, war es besonders wichtig, Gäste aus dem „restlichen Vorarlberg“ bevorzugt zu behandeln. Da es keine höhere Schule im Tal gibt, entschloss ich mich, nach der Volksschule das Gymnasium in Oberstdorf zu besuchen. Auch wenn viele Freundschaften entstanden, wurde uns damals deutlich zu verstehen gegeben, dass wir „Ausländer“ sind.
Ein Einzelfall? Auf eine nicht repräsentative E-Mail-Umfrage, die ich an mir bekannte E-Mail-Adressen versandte, bekam ich eine überraschend hohe Zahl an Rückantworten. Der Wortlaut meiner E-Mail: „Da ich relativ oft im ‚übrigen Ländle‘, sei es privat oder geschäftlich, zu tun habe, werde ich immer wieder mit der Frage konfrontiert: ‚Ihr im Kleinwalsertal seid irgendwie Deutsche, oder?‘ Geht es euch auch so und wie antwortet ihr spontan auf diese Frage?“ Ein paar Auszüge sollen auch hier erwähnt sein:
Die am meisten gesandte Antwort war „Mir send Walser!“, die bei manchen noch mit dem Zusatz „und dann Österreicher“ ergänzt wurde. Eine sehr interessante und ausführliche Antwort erhielt ich von einem Geschäftsmann, der ebenso angab, dass er bei seinen Vorarlberger Geschäftspartnern antworte: „Wir sind Walser! Unser besonderer Stolz ist der Grund, warum wir über solche Frotzeleien ohne Probleme hinwegsehen können.“ Er glaubt, dass es daher kommt, weil die meisten Vorarlberger das Kleinwalsertal nicht gut kennen. „Das Ungewisse hinterm Berg … ist eben alles deutsch.“ Zum anderen war das Kleinwalsertal gerade in der Zeit vom Anfang des Tourismus bis hin zum EU-Anschluss extrem nach Deutschland orientiert.
Aber auch wir Kleinwalsertaler waren und sind dem Rest von Vorarlberg oftmals nicht so zugetan. Denn wenn man etwas mit Vorarlberg zu tun hatte oder hat, dann war oder ist es meistens etwas Unangenehmes: Gericht, Bezirkshauptmannschaft, Finanzamt Militär. Aber auch auf der anderen Seite (Allgäu) tut man sich nach wie vor schwer mit dem Kleinwalsertal. Wenn die „hüüra Walser“ draußen etwas kaufen ist alles OK, aber ansonsten herrscht Eiszeit. Aber dies beruht auf Gegenseitigkeit. Wir bezeichnen die Allgäuer immer noch herablassend als „Schwaben“. Im wirtschaftlichen Bereich haben die Kleinwalsertaler den großen Vorteil des florierenden Tourismus. Dies lässt sie natürlich gegenüber den Nachbarn oft sehr stolz wirken, weshalb dann auch Neid eine Rolle spielen kann. So nach dem Motto: Eigentlich brauchen wir keine „Gsiberger“ und auch keine „Allgäuschwaben“, denn die wollen uns eh nur an die Geldtasche! Ausnahmen bestätigen ja zum Glück, dass alles oben Beschriebene kein Thema ist: Nicht umsonst haben sich viele Walser/innen mit Vorarlbergern/innen und auch Allgäuer/ innen verehelicht und die meisten Kleinwalsertaler/innen haben heute in irgendeiner Form eine verwandtschaftliche Verbindung mit unseren Nachbarn
Obwohl sehr enge wirtschaftliche Beziehungen und viele Freundschaften im Besonderen mit dem Allgäu bestehen, ist in den letzten Jahren eine allgemeine Tendenz zu spüren, das „übrige Vorarlberg und auch Österreich“ bewusster wahrzunehmen. Es wird in Vorarlberg Urlaub gemacht und speziell im Hotelbereich auch geworben. Das Tal wurde in die GENUSS REGION ÖSTERREICH aufgenommen. Im Gegenzug ist auffallend, dass das Interesse der Vorarlberger am Tal gestiegen ist. Interessant ist auch, dass die Kleinwalsertaler das Allgäu nicht als Deutschland wahrnehmen. Während die Allgäuer durchaus das Kleinwalsertal in ihre Region mit einbeziehen, grenzen sich die Kleinwalsertaler lieber ab. „Walser sein“ spielt für viele Kleinwalsertaler eine wichtige Rolle und ist ein wichtiges Identitätsmerkmal geworden, um sich von seinen Nachbarn abzugrenzen. Nicht verwunderlich, dass das inzwischen in mehreren Walser Gebieten gesehene Logo „Walser – mee gaid ned!“ von Jugendlichen aus dem Kleinwalsertal entworfen wurde.
Dieser Artikel ist in Heft 96 der „Walserheimat“ zu finden.
Die Kapelle am Simmel hat eine lange und interessante Geschichte. Schon seit zirka 1550 befand sich auf der Passhöhe eine Kapelle, die damals noch zur Pfarre Lech gehörte. 1687 wurde Hochkrumbach eine selbstständige Kuratie. Bereits 1681 82 wurde mit dem Bau der heute noch bestehenden Kapelle begonnen, die allerdings erst 1781 eingeweiht wurde. 1692 zählte die eigenständige Gemeinde Hochkrumbach am Tannbergpass zwölf ganzjährig bewohnte Häuser. Einige Zeit war in Hochkrumbach auch das gemeinsame Gericht für Lech, Warth, Schröcken und das Kleinwalsertal angesiedelt. 1885 wurde die Ortschaft an Warth angeschlossen.
1910 wurde die Kapelle saniert, nachdem ein Schneesturm den Turm einfach herunterriss. Dabei dürften auch Dokumente, die in der Turmkugel verwahrt waren, beschädigt worden sein. Aus den Fragmenten war ersichtlich, dass der erste Seelsorger 1681 hier eingezogen ist und die Pfarrei ab 1854 verwaist war. 2010 wurde die Theodulbruderschaft gegründet mit dem Ziel, heimische Kulturgüter am Tannberg zu erhalten und zu pflegen (www.theodul-bruderschaft.at). Mit viel Engagement begannen die Mitglieder mit der Sanierung der Kapelle. Dabei fand man in der Turmkugel Berichte von 1910 und 1967, ein kleines Kreuz, eine Medaille und eine kleine Madonna. Im August 2013 wurde der Turm und ein Teil der Kapelle durch einen Blitzschlag beschädigt. Große Teile des Turms und das Kreuz mussten erneuert und die Turmkugel restauriert werden.
Ein Prunkstück ist der Renaissance-Hochaltar aus dem 17. Jahrhundert, der ebenfalls restauriert wurde. An der Rückseite fand man eine Bleistiftinschrift: „Renovirt in den Kriegsjahren von Florus Scheel 1914 – 15 und wieder aufgestellt am 13/11 1916 bei 60 cm Schnee.“ Ende September 2014 wurde der „neue“ Altar feierlich bei der Friedensmesse am Simmel eingeweiht und die Kapelle erstrahlt jetzt in neuem Glanz.
Jodok Müller, Riezlern
Dieser Artikel ist in Heft 96 der „Walserheimat“ zu finden.
Das Triesenberger Rathaus ist ein geschichtsträchtiges Gebäude im Dorfmittelpunkt und prägt als markanter Bau in harmonischer Einheit mit der Pfarrkirche das Dorfbild. Das Haus wurde 1767/68 als Pfarrhaus erbaut und hat nach dem Neubau des Pfarrhauses im Jahr 1965 nordöstlich des Friedhofs verschiedene Umnutzungen erfahren. Bis 2011 war dort die Gemeindeverwaltung untergebracht. Mit dem Umzug der Verwaltung ins neu erstellte Gebäude erfuhr es weitere Zweckbestimmungen. Der Gemeinderat tagt weiterhin im altehrwürdigen und denkmalgeschützten Gebäude mit dem unverwechselbaren Ambiente. Das Rathaus wird somit auch zukünftig ein Rathaus bleiben und damit seinen Namen rechtfertigen.
Bedeutendes Haus mit reichhaltiger Geschichte
Die historische, aber auch die kunstgeschichtliche Bedeutung eines der ältesten Baudenkmäler der Gemeinde Triesenberg stösst über die Landesgrenzen Liechtensteins hinaus auf Interesse, zumal der Baumeister ein Vorarlberger war. Die Geschichte des Rathauses ist eng mit jener der Pfarrkirche verflochten. Gleichzeitig mit der Pfarrkirche wurde das Gebäude 1767/68 am Nordrand des Kirchplatzes als erstes Pfarrhaus errichtet. Bis die Pfarreigründung zustande kam und die Kirche und das Pfarrhaus am heutigen Standort gebaut werden konnten, war es ein beschwerlicher Weg und es musste viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Das Zustandekommen der eigenen Pfarrei ist in hohem Masse dem Einsatz des damaligen Ortsrichters Johannes Danner (1700-1779) zu verdanken. Er verstand es, die Notwendigkeit einer eigenen Pfarrei zu begründen und fand in Dekan und Pfarrer Nikolaus Peller von Schaan einen überzeugten Fürsprecher. Die Gründe sind in einem Schreiben an den bischöflichen Kanzler vom 16. Mai 1767 aufgeführt. So sei der Weg zu den Pfarrkirchen Triesen und Schaan im Winter oft lebensgefährlich. Die Gottesdienste können so nur selten oder gar nicht besucht werden. Auch die christliche Unterweisung der Jugend erleide Nachteile. Die Kranken müssten oft ohne die heiligen Sakramente sterben.
S.D. Fürst Joseph Wenzel als hochherziger Stifter
Dekan Peller bat den damaligen Landvogt Grillot um seine hilfreiche Hand zur Errichtung einer neuen Pfarrei am Triesenberg. Dieser sandte an S.D. Fürst Joseph Wenzel ein Empfehlungsschreiben, „das Höchstselber nit nur die Errichtung einer neuen Pfarr guetheissen, sondern auch durch eine hinlängliche Stiftung die Unterhaltung ihres zukünftigen Seelsorgers anzuschaffen gnädigst gewähren wollen“. Fürst Joseph Wenzel trat auf das Gesuch ein und zeigte sich als hochherziger Stifter der Pfarrpfründe, indem er nicht nur die Kosten für den Bau der Kirche und des Pfarrhauses übernahm, sondern auch noch eine Stiftung von 7.000 fl. (siebentausend Gulden Rheinisch) zur Entlohnung des Seelsorgers errichtete. Die Details sind im Stiftbrief vom 7. Dezember 1768 festgehalten.
„Von Gott und den Menschen geliebt“
Bemerkenswert ist, dass sich Ortsrichter Danner auch für den heutigen Standort von Kirche und Pfarrhaus einsetzte. Die einen wollten den Standort im Haberacher-Steinort, die anderen auf Jonaboda Üenaboda festlegen. Obwohl Danner, der in der Lavadina wohnte, den kürzeren Kirchweg gehabt hätte, setzte er sich selbstlos für den heutigen Dorfmittelpunkt ein. Eine weitsichtige Entscheidung! Pfarrer Stefan Wohlwend, erster Seelsorger am Triesenberg, bezeichnet den rührigen Ortsrichter (Vorsteher) als den grössten Förderer der neu erbauten Pfarrkirche und im Sterbebuch (Liber Mortuorum) steht noch eine besondere Auszeichnung: Richter Danner war ein Mann, der bei Gott und den Menschen geliebt war (Vir dilectus Deo et hominibus). Im Walsermuseum steht eine Stabelle, die sich durch Generationen als Danner-Stuhl vererbt hat und an den grossen Triesenberger erinnert.
Berühmter Planer
Als Planer der ersten Kirche und des Pfarrhauses fungierte der Bregenzerwälder Barockbaumeister Peter Bein aus Hittisau (1736-1818). In der Rentamtsrechnung vom 11. Februar 1769 ist eine Zahlung an Peter Bein bestätigt: „dem Maurermeister Peter Bein vor sammentliche Mauerer-, Stockhator-Arbeit lauth Contract 1730 fl (Gulden)“. In den Rentamtsrechnungen sind verschiedene Zimmermanns- und Schreinerarbeiten, die Anfertigung von Lärchenschindeln und die Arbeiten der Nagler, Schlosser, Schmiede und Glaser erwähnt. Gerber Joseph Amann lieferte insgesamt 176 Pfund Haar, das dem Mörtel zur Verbesserung der Stabilität beigemischt wurde.
Der berühmte Baumeister fügt sich in eine ganze Reihe von wandernden Baumeistern, Maurern und Stuckateuren von grossem Können ein, die der Bregenzerwald hervorgebracht hat. Weitere Werke von Peter Bein sind unter anderem die Schule und Synagoge in Hohenems, die St Nikolauskirche und das Rathaus in Frauenfeld und das Mesnerhaus in Oberkirch. 1792 zog Peter Bein nach Frauenfeld. Er spielte auch im öffentlichen Leben als Landrichter im Thurgau eine bemerkenswerte Rolle.
Der Bau, seine Funktion und seine kunsthistorische Bedeutung
Der Kunsthistoriker Erwin Pöschel beschreibt das alte Pfarrhaus als gut proportionierten kubischen Bau von zwei Geschossen mit Mansardendach, am Nordrand des Kirchplatzes gelegen. Von den Ausstattungsstücken erwähnt er den originellen Wandschrank mit geschraubten Halbsäulen und Valutenbekrönung und die Füllungen mit weissen Rokokomotiven auf dunkelblauem Grund bemalt, um 1700. Der kostbare Einbauschrank kann heute im Walsermuseum betrachtet werden. Architekt Hans Rheinberger, der den nachfolgend beschriebenen Umbau von 1968 realisiert hat, charakterisiert das alte Pfarrhaus als eines jener wenigen noch erhaltenen und erhaltungswürdigen alten Häuser, an welchen unser Land so arm ist.
Fünfzehn Pfarrherren wohnten von 1768 bis 1965 in diesem Haus. Der erste Bewohner war Pfarrer Stephan Wohlwend von Bendern (Pfarrer am Triesenberg von 1768 bis 1785), der letzte Pfarrer Engelbert Bucher (Pfarrer von 1943 bis 1979). Pfarrer Bucher durfte als erster Pfarrer am 15. Juni 1965 ins neu erbaute Pfarrhaus beim Hag einziehen.
Umbauten 1968, 1982 und 2011
Es ist heute unverständlich, dass es bereits ab dem Jahr 1959 Bestrebungen gab, das 1951 unter Denkmalschutz gestellte Gebäude abzubrechen. Zum Glück setzte sich die Denkmalschutzkommission für den Erhalt durch. Nach dem Umzug des Pfarrers ins neue Pfarrhaus beherbergte das Haus vom 14. Februar 1966 bis 27. November 1967 noch eine Filiale der Zahnfabrik Ivoclar. Die Idee zum Umbau in ein Verwaltungsgebäude, dem der Name Rathaus zugesprochen werden sollte, setzte sich durch. Das Architekturbüro Hans Rheinberger wurde mit dem Sanierungs- und Umbauauftrag betraut. Kanalisation, Dachdecker-, Spengler- und Gipserarbeiten, Installationen, Boden- und Wandbeläge, Malerarbeiten etc. mussten neu ausgeführt werden. Die Baukosten entsprachen mit 264.000,– Franken fast einem Neubau derselben Grösse. Dem Geschick des Architekten ist es zu verdanken, dass durch gekonnte Materialwahl sehr zweckmässige und ansprechende Räume geschaffen wurden. Im Obergeschoss wurde eine Wohnung eingerichtet. So war die Freude für die damals wenigen Gemeindeangestellten aber auch für die ganze Gemeinde gross, als am 17. November 1968 das Rathaus eingeweiht werden konnte. Dass der Vorsteher und der Kassier früher ihr Büro bei sich zu Hause hatten, ist heute kaum mehr vorstellbar.
1981/82 wurde unter Federführung des Architekturbüros Eberle + Frick AG, welches das Architekturbüro des verstorbenen Hans Rheinberger übernommen hatte, ein weiterer Umbau vorgenommen. Nach dem Umzug der Gemeindeverwaltung ins neue Gebäude wurde das Haus 2011 ein weiteres Mal renoviert.
Das Theodul-Mosaik
Das künstlerische Schmuckstück am Rathaus ist der glockentragende Teufel, das Motiv aus der Theodul-Legende. Es ist eine Mosaikarbeit von Prof. Josef Seger aus Mödling b. Wien, der mehrere Mosaikarbeiten in Liechtenstein, darunter auch das Sennen-Ave in der Malbunkapelle, realisiert hat. Ein interessanter Fund ist der erste Entwurf des Künstlers, der nicht nur den Teufel mit er Glocke, sondern auch den Heiligen mit Stab und in segnender Haltung darstellt. In einem undatierten Schreiben (ca. Anfang 1969) an Architekt Rheinberger befürchtet der Künstler, die Teufelsfigur allein lasse zu viele Anspielungen zu. Es sei in der Legende tröstlich zu sehen, wie das Böse gezwungen werde, dem Guten zu dienen. Aber weil es in Wirklichkeit nicht immer so sei, sollte man es mit dem Heiligen darstellen, es könnte ja so sein. Warum schliesslich die reduzierte Darstellung gewählt wurde, ist nicht bekannt. Ausgeführt wurde das Mosaik von der Firma Hermann Bauch in Wien.
Der neue Verwendungszweck: Rathaus soll Rathaus bleiben
Mehr als vier Jahrzehnte sind mittlerweile seit dem Umbau vom Pfarrhaus zum Rathaus vergangen. Den heutigen räumlichen Anforderungen an eine moderne und zweckmässige Gemeindeverwaltung war das Haus seit langem nicht mehr gewachsen. Das altehrwürdige Gebäude, einstiges Pfarrhaus, Rathaus und Verwaltungsgebäude bis 2011 soll auch weiterhin das Rathaus bleiben: ein Ort der Kommunikation und der Begegnung, wo Gemeinderätinnen und Gemeinderäte tagen und Kommissionen, Genossenschaften und Vereine ihre Sitzungen abhalten, der Abwart sein neues Büro bezogen hat und wo im ersten Stock eine neue Bibliothek und das Zentrum der Ahnenforschung und Familienchronik entstanden ist. Als mit Leben erfüllte Kultureinrichtung der Gemeinde wird das Haus in Zukunft eine wichtige Aufgabe erfüllen.
Josef Eberle, Triesenberg
Dieser Artikel ist in Heft 95 der „Walserheimat“ zu finden.
1936 erbaute der Architekt und Hotelier Hans Kirchhoff aus Hannover in Hirschegg im Kleinwalsertal das Ifen Hotel als erste Adresse im touristisch aufstrebenden Tal an der Breitach. Architektonisch war vor allem der auffallende Rundbau auf einem Felsvorsprung ein besonderes Merkmal und Erkennungszeichen des Ifen Hotels.
Das Geschäft mit den Gästen lief gut an, doch die Auswirkungen des 2. Weltkriegs machten auch an der Walserschanz nicht halt. 1943 wurde das Ifen Hotel beschlagnahmt und von der deutschen Gestapo in ein „Ehrengefängnis“ umgewandelt. Die „Gästeliste“ im Gemeindearchiv enthält einige prominente Namen: Francesco Nitti, ehemaliger Ministerpräsident von Italien; André François-Poncet, französischer Botschafter; Albert Saurrat, Premierminister Frankreichs 1933 und 1936; Anne Herzogin von Aosta mit ihren Töchtern, den Prinzessinnen von Savoyen-Aosta, Marguerita und Marie-Christine, und einige mehr. Interessant war, dass zu dieser Zeit das Hotel auch für normale Hotelgäste geöffnet war. Sogar höhere Beamte und Funktionäre des nationalsozialistischen Regimes stiegen hier ab.
Das Ifen Hotel war zu dieser Zeit eine Mischung zwischen „Luxusgefängnis“ und normalem Hotel. Den Gefangenen ließ man eine Behandlung erster Klasse zukommen, es war ihnen aber verboten, mit der Walser Bevölkerung Kontakt aufzunehmen. Dieses Verbot ließ sich aber leicht umgehen. Sie konnten spazieren gehen und man sah sie öfters mittags durch Hirschegg laufen. Mit dem Sieg der Alliierten zogen die Franzosen ins Kleinwalsertal und General Charles de Gaulle machte den Truppen im Ifen Hotel seine Aufwartung. Die Sängerin und Tänzerin Josephine Baker sang für die im Hotel untergebrachten Soldaten.
Nach den Kriegsturbulenzen nahm der Tourismus im Kleinwalsertal wieder Fahrt auf. Im Gästebuch des Hotels finden sich illustre Persönlichkeiten wie der Philosoph Theodor W. Adorno, die Opernsängerin Anneliese Rothenberger, der zweifache Leichtathletik Olympiasieger Armin Hary, Österreichs Bundespräsident Rudolf Kirchschläger, Finanzminister und Vizekanzler Hannes Androsch, Bundeskanzler Bruno Kreisky, der Bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß, Schlagersängerin Hannelore von Auersperg oder die Mitglieder der Popgruppe Boney M. 1951 besuchte André François-Poncet sein altes „Ehrengefängnis“. Er war nach dem Krieg als Hoher Kommissar von Frankreich in Westdeutschland tätig und schrieb ein Buch über seine Erlebnisse als Internierter im Kleinwalsertal mit dem Titel „Carnets d’un captif“.
In vielen Kinofilmen spielt das Ifen Hotel eine Rolle. So haben beispielsweise die Produzenten der historischen Spielfilme „Der Engel mit dem Saitenspiel“ (Liebesfilm, 1944, Regie: Heinz Rühmann), „Die Söhne des Herrn Gaspary“ (1948) oder „Wochenend im Walsertal“ Kurzspielfilm 1952) das Traditionshaus im Walsertal als Drehort gewählt.
Einen Namen machte sich auch die Küche des Ifen Hotels. 1978 erkochte der damalige Küchenchef Ortwin Adam den ersten Michelin-Stern für Österreich. Sein Schüler in der Berufsschule Sascha Kemmerer ist der neue Küchenchef im Ifen Hotel und wurde 2010 für seine Kochkünste im Gourmetrestaurant „Kilian Stuba“ mit zwei Gault&Millau Hauben ausgezeichnet.
Das neue Ifen Hotel
Im Lauf der Jahre geriet das Ifen Hotel in wirtschaftliche Turbulenzen. 2005 verkaufte die damalige Besitzerfamilie das Hotel. Die Walser Raiffeisen Holding und die Hotelgruppe Travel Charme Hotels & Resorts machten sich an die Arbeit und investierten rund 33 Millionen Euro in das Prestigeobjekt. Der markante Rundbau sollte bei der Neugestaltung erhalten bleiben. Der gebürtige Bregenzerwälder Architekt Professor Hermann Kaufmann legte besonderes Augenmerk auf die Integration des ältesten Teiles des bestehenden Ifen Hotels in das neue Gesamtkonzept. Mit seinem Ansatz für das neue Ifen Hotel versuchte er einerseits die Wichtigkeit des landschaftsbezogenen Bauens, andererseits die Auseinandersetzung mit der Kernfrage der zeitgemäßen Form für die Bauaufgaben des Tourismus zu unterstreichen. Ziel war es, den funktionsgerechten und schnörkellosen Stil der 1930er-Jahre in reduzierten Formen und klaren Linien konsequent fortzuführen. Die Verwendung von Holz sollte eine warme, klare und entspannende Atmosphäre gewährleisten. Für den Innenausbau war der italienische Designer Lorenzo Bellini verantwortlich.
Im Juli 2010 wurde das Ifen Hotel als einziges Fünf-Sterne-Hotel im Kleinwalsertal wieder eröffnet. Angeboten werden 125 Zimmer, acht Großraum- und 21 Junior-Suiten, ein Wellnessbereich mit zirka 2.500 m2, Schwimmbad und Fitnesscenter, Bankett- und Konferenzräume und 131 Tiefgaragenplätze.
Jodok Müller, Riezlern
Dieser Artikel ist in Heft 95 der „Walserheimat“ zu finden.
Der 11. Jänner 1954 wird ein (ge-)denkwürdiges Datum in der langen Geschichte des Großen Walsertales bleiben. Neben dem unmittelbaren Leid, welches die Bevölkerung durch die Lawinenkatastrophe in den einzelnen Walserdörfern ertragen musste, beschäftigen die Bewohner des Großen Walsertales aber auch die langfristigen Folgen, welche selbst noch in der Gegenwart in der gesamten Region direkt oder indirekt spürbar sind.
1. Einwanderung und Besiedelung der Hochlagen
Als die Walser im 14. Jahrhundert in Vorarlberg einwanderten, besiedelten sie hochgelegene Regionen Vorarlbergs. Diese waren aber keineswegs unberührte Wildnis, sondern Gebiete, in denen die Rinderhaltung und Alpwirtschaft bereits vorhanden waren. Die Walser haben durch ihre Besiedelung die oberste Waldregion durch großen Holzverbrauch sehr strapaziert. Wiesen und Weiden wurden auf Kosten des Waldes durch Rodung stark ausgedehnt. Eine Weidewirtschaft mit unterschiedlich hoch gelegenen Staffeln beziehungsweise Lagern war aber zum Überleben notwendig und erforderte die Errichtung und Erhaltung mehrerer Wohngebäude, Ställe und Heuhütten, was neben der Milchverarbeitung (großer Holzverbrauch in der Sennereiwirtschaft) auch einen großen Holzbedarf zur Folge hatte.
Die Holzknappheit führte dann in späteren Jahrhunderten auch zu Abwanderungen aus verschiedenen hochgelegenen Weilern. Durch die Besiedelung der Hochlagen hatten die Walser aber gute Möglichkeiten, Verbindungen von Tal zu Tal herzustellen. So erfolgte die Verbreitung der Walsersiedlungen oft von oben nach unten. So zum Beispiel vom Damülser Gebiet hinunter ins Laternsertal und Großwalsertal, vom Tannberggebiet hinunter ins Kleinwalsertal. Es ergaben sich somit pfarrliche und gerichtliche Zusammengehörigkeiten über Tälergrenzen hinweg. Dieses „Wandern“ in unterschiedlicher Hinsicht ist typisch für alle Walsergebiete und eines der Hauptkriterien für eine geglückte Besiedelung und Nutzung der Bergregionen.
Daneben spielten für die Walser aber auch der Handel (vor allem Verkauf von Schmalz, um Geld für Salz und Brotgetreide zu erwerben), die Säumerei und Söldnerei eine wichtige Rolle. Zeugnis dafür ist der an viele alte Häuser angebaute Rossstall. Die Walser kultivierten somit Land, pflegten und kontrollierten aber auch die Wege über die Pässe. Um in diesen Hochlagen auch im Winter zu überleben, brauchte es viel Erfahrung und eine ausgeklügelte Bewirtschaftungsweise.
In Vorarlberg sind Walser in folgende Gebiete eingewandert:
2. Dreistufenwirtschaft der Walser
Man spricht immer von der Bregenzerwälder Dreistufenwirtschaft als besondere Art der Weidewirtschaft. Auch die Walser haben diese Wanderung vom Heimgut über das Maisäß (im Bregenzerwald „Vorsäß“ genannt) zur Alpe. Da die Heimgüter der Walser Bauern als Weidefläche für eine entsprechende Viehzahl, wie sie zum wirtschaftlichen Überleben notwendig ist, viel zu klein sind, ist ein Weidewechsel hinauf zu Maisäßen und in die Alpregion notwendig. Als Klein- und Bergbauern hatten die Walser früher durchschnittlich nur Platz für fünf bis sechs Kühe zur Überwinterung im eigenen Stall. Auf den Alpen hingegen war Platz für mehr Kühe. Daher hat man im Sommer Fremdvieh aufgenommen und im Herbst wieder abgegeben.
2.1. Heimgut
Eine ausgeklügelte Heuwirtschaft spielt für jeden Bauern eine wichtige Rolle, um das Vieh durch den Winter zu bringen. Der hauseigene Stall genügte früher als Heuvorratsplatz nicht und so nutzten die Bauern meist noch mehrere kleine Futterställe. Dies hatte auch den Vorteil, dass das Heu nicht über allzu große Strecken transportiert werden musste. Dies war sehr beschwerlich, denn das Heu wurde zu Ballen („Schochen“) gebunden und auf den Schultern getragen. Um nur kurze Wegstrecken zu haben, befinden sich die Futterställe in der Mitte oder zumindest auf den betreffenden Grundstücken der Bauern. Im Winter wanderte nun der Bauer mit seinem Vieh von Stall zu Stall um dort das Heu zu verfüttern. Heute ist dies nicht mehr notwendig und so verfallen diese Ställe zusehends. Zur Gewinnung des Bergheus baute man kleine Hütten, die Schutz vor der Witterung boten. Die Heuer blieben früher oft ein paar Wochen lang in diesen höchsten Bergregionen und hausten dort sehr einfach, zusammen mit ein paar Ziegen, damit sie wenigstens frische Milch hatten. Das Heu wurde in kleinen Scheunen gesammelt und blieb dort bis zum Wintereinbruch, nach welchem es dann auf „Schlittenbahnen“ ins Tal geschleift wurde. Diese steilen und abgelegenen Bergmähder werden heute auf Grund des großen Arbeitsaufwandes kaum mehr gemäht.
2.2. Maisäß
Die Walser haben keine Gemeinschaftsmaisäße. Diese befinden sich durchwegs in Privateigentum. Dabei gibt es mehrere Formen eines Maisäßbetriebes:
2.3. Alpe
Bei den Walsern liegen die Alpen meist in den Händen von Gemeinschaften bzw. Genossenschaften, wenige sind in Privatbesitz. Der individualistische Charakter der Walser Gemeinschaftsalpen zeigt sich in der Nutzungsweise: Auf dem gemeinsamen Grund und Boden durfte jeder Alpberechtigte seine eigene Hütte mit Stall errichten. Durch diese Besitzstruktur sind richtige Alpsiedlungen entstanden. Das Vieh wurde in den eigenen Ställen untergebracht und von den einzelnen Bauern selbst betreut und versorgt. Auch hat jeder Bauer seine Milch in seiner Hütte separat versennt. Grund für diese aufwändige Arbeitsweise ist vielleicht die erkannte Notwendigkeit, dass jeder Liter Milch wichtig zum Überleben war. Auffallend ist, dass sich alle großen Alpsiedlungen im Großwalsertal befinden. Die größte ist die Sterisalpe mit zwölf Hütten, gefolgt von der Laguzalpe mit zehn Hütten und der Gassneralpe mit acht Hütten.
Futterfläche in Hektar (2011) |
Rinder (2011) |
Milchkühe (2011) |
Anzahl der Gebäude | |
---|---|---|---|---|
Alpila (Thüringerberg) | 81 | 16 | 50 | 7 |
Seralpe (Blons) | 133 | 33 | 87 | 7 |
Hinterkammalpe (Blons) | 60 | 25 | 27 | 4 |
Sentumalpe (Blons) | 91 | 27 | 65 | 6 |
Gassneralpe (St. Gerold) | 111 | 39 | 68 | 8 |
Plansottalpe (St. Gerold) | 110 | 109 | 25 | 5 |
Laguzalpe (Raggal) | 271 | 88 | 98 | 10 |
Gaden-Madonaalpe (Sonntag) | 113 | 65 | – | 4 |
Klesenzaalpe (Sonntag) | 182 | 40 | 67 | 6 |
Hinterischkarneialpe (Sonntag) | 114 | 23 | 49 | 5 |
Ischkarneialpe (Sonntag) | 42 | 48 | – | 2 |
Unterpartnumalpe (Sonntag) | 76 | – | 70 | 6 |
Oberpartnumalpe (Sonntag) | 140 | 59 | 63 | 6 |
Sterisalpe (Sonntag) | 161 | 65 | 104 | 12 |
Oberüberlutalpe (Sonntag) | 97 | 39 | 53 | 4 |
Tiefenwaldalpe (Fontanella) | 85 | 12 | 69 | 4 |
Zafernalpe (Fontanella) | 85 | 3 | 56 | 5 |
Außertürtschalpe (Fontanella) | 86 | 73 | 2 | 5 |
Staffelalpe (Fontanella) | 87 | 1 | 57 | 5 |
Außerhalb vom Großwalsertal gibt es in den Walser Siedlungsgebieten zwar auch Alpsiedlungen, sie sind aber kleiner und nur spärlich vertreten. Beispiele hiefür sind:
Kleinwalsertal: | Zwerenalpe (fünf Gebäude) Walmendingeralpe (vier Gebäude) Innerwesteggalpe (drei Gebäude) |
Damüls: | Ugaalpe (sechs Gebäude) Brandalpe (fünf Gebäude) Oberdamülseralpe (acht Ställe) |
Lech: | Zuger Alpe (sechs Ställe) Gstüttalpe (fünf Ställe) Stubenbachalpe (fünf Ställe) |
Silbertal: | Alpe Rona-Alpgues (sechs Gebäude) Alpe Wasserstube (fünf Gebäude) |
Brandnertal: | Zalimalpe (früher mindestens drei Gebäude) |
Laternsertal: | keine |
Für das weitgehende Fehlen von großen Alpsiedlungen im Walsersiedlungsgebiet außerhalb des Großwalsertales gibt es keine eindeutigen Erklärungen. Mögliche Gründe sind meines Erachtens erstens die topographische Lage der Alpen, die keine größere Siedlung zuließ. Zweitens, dass die Alpen schon vor dem Eintreffen der Walser vorhanden waren und anderen Besitzern gehören. So sind zum Beispiel einige Alpen im Brandnertal im Besitz der Agrargemeinschaften von Frastanz beziehungsweise Nenzing, im Laternsertal gehören viele Alpen Landwirten im Rheintal (zum Beispiel auch der Agrargemeinschaft Rankweil), und im Silbertal Landwirten aus dem Montafon. Die Walser im Laternsertal mussten daher in andere Gebiete ausweichen, so zum Beispiel ins Mellental, wo sie auf der Lindachalpe und Hauseralpe kleine Alpsiedlungen errichteten.
Was die Alpsiedlungen betrifft, so gibt es Parallelen zwischen den Walser Alpen und den großen Gemeinschaftsvorsäßen im Bregenzerwald (zum Beispiel Schönenbachvorsäß in Bezau, Klausbergvorsäß in Schwarzenberg, Hangvorsäß in Mellau, Eggatsbergvorsäß in Egg). Auch bei diesen Vorsäßsiedlungen sind Grund und Boden sowie der Weidegang gemeinsam und das Vieh wird in privaten Gebäuden versorgt, die jeder Berechtigte errichten durfte. Allerdings erfolgte hier die Verarbeitung der Milch immer schon gemeinsam in der Gemeinschaftssennerei. Weiters haben die Bregenzerwälder Vorsäße meist eine Kapelle, die Walser Alpen hatten dies ursprünglich nicht In neuerer Zeit (20. Jahrhundert) wurden aber einige Kapellen gebaut.
Am Tannberg (Schröcken und Warth) sind fast durchwegs Privatalpen zu finden. Diese Alpen waren nämlich bis in die 1880er Jahre Dauersiedlungen, die hauptsächlich aus Holzmangel (bedingt durch die radikalen Rodungen) aufgegeben wurden. So waren 1923 insgesamt 33 Höfe auf dem Tannberg (einschließlich Lech) in Alpen „umgewandelt“. Diese Anwesen wurden aber selten vom bisherigen Besitzer als Alpe bewirtschaftet, sondern meist von auswärtigen Bauern gekauft. Daher gibt es hier viele Privatalpen, die nicht von den einheimischen Walsern bewirtschaftet werden. Die Alpweiden der ehemaligen Bauernhöfe wurden danach nicht mehr genutzt, da ja die Bergbauernhöfe nun zum Alpgebiet wurden. Bei meinen Begehungen habe ich festgestellt, dass es nach 700 Jahren nun doch einen erkennbaren Wandel in der Walser Alpwirtschaft gibt, den ich anhand von sieben Punkten darstellen will:
3. Wandel in der Alpwirtschaft
3.1. Übergang zur Gemeinschaftssennerei
In früheren Jahrhunderten wurde noch in jeder Hütte separat die Milch versennt. So zum Beispiel auf der Gassneralpe im Großwalsertal bis ca. 1850. Heute geschieht aber aus sennereitechnischen und betriebswirtschaftlichen Gründen das Versennen der Milch gemeinsam und es wurden auf den Alpen Sennereigebäude errichtet. Dieser Wandel ist bereits durchwegs vollzogen.
3.2. Übergang zum Gemeinschaftsstall
Erste Ansätze hierzu sind bereits bei einigen Alpen (zum Beispiel Gassneralpe, Plansottalpe) erkennbar. Aber auch dort betreut jeder Bauer sein Vieh noch selbst oder stellt den Alphirten zum Melken an und bezahlt ihn dafür.
3.3. Verfall vieler Ställe in den oberen Lagern
Die oberen Lagern der größeren Alpen hatten ursprünglich auch Ställe, in denen gemolken wurde. Die Milch wurde dann meist zu Fuß zur Hauptalpe gebracht. So gab es zum Beispiel bei der Gassneralpe beim oberen Lager Tälialpe bis 1960 Melkbetrieb. Es gab aber auch Seilbahnen und Milchleitungen (zum Beispiel von der Plansottalpe hinauf zur heute verfallenen Schäfisalpe mit fünf Ställen). Heute wird in den oberen Lagern entweder gar nicht mehr gemolken (nur noch Auftrieb von Jungvieh), oder es gibt auch einen Gemeinschaftsstall. Die alten, kleinen Ställe verfallen zusehends. So gab es bei der Laguzalpe 13 Ställe auf der Oberalpe, heute existieren nur mehr ein Melkstand und eine Hirtenhütte.
3.4. Nicht mehr alle Besitzer von Alphütten sind Landwirte
Durch den Rückgang der Landwirte stehen zum Teil Alphütten leer (zum Beispiel auf der Sterisalpe vier der zwölf Hütten, auf der Laguzalpe zwei der zehn Hütten, auf der Seraalpe zwei der sieben Hütten) oder werden vermietet (zum Beispiel werden bei der Gassneralpe von acht Hütten nur noch drei von den Bewirtschaftern genutzt). Auch bei der Brüggelealpe im Brandnertal sind von den ca 30 Besitzern nur mehr zwei Ausübende.
3.5. Wandel von der Sennalpe zur Melkalpe zur Galtalpe
Diese Entwicklung ist ebenfalls feststellbar und bedeutet, dass die Alpen extensiver bewirtschaftet werden, das heißt die Pflege nimmt ab, da bei den Galtalpen auch viel weniger Alppersonal erforderlich ist. So wurde im Großwalsertal zum Beispiel auf der Plansottalpe 1965 das letzte Mal gesennt und auf der Türtschalpe und Unterdamülser Alpe weidet nur noch Jungvieh, das nicht mehr gemolken werden muss und auch keine Ställe mehr benötigt. Im Brandnertal wurde die Brüggelealpe zur Melkalpe (bis 1981 wurde noch gesennt) und die Zalimalpe zur Galtalpe (mit Mutterkuhhaltung), auf welcher nur mehr ein Hirt erforderlich ist. Im Kleinwalsertal war zum Beispiel die Walmendinger Alpe früher eine große Sennalpe, dann erfolgte der Milchtransport ins Tal und heute ist sie eine Galtalpe, die mit vorwiegend deutschem Vieh bestoßen wird. Sie besteht aus drei Staffeln: dem Maisäß beim Schwarzwasserbach sowie der Unteren und Oberen Walmendinger Alpe.
3.6. Extensivere Nutzung der Maisäße
Früher zog man noch mit der ganzen Familie ins Maisäß. Heute ist dies durch die gute Erschließung und Anbindung an den Heimbetrieb nicht mehr notwendig. So wird zum Beispiel das Garfüllamaisäß nicht mehr bewohnt, aber noch gemäht (Heunutzung) und vom Jungvieh beweidet.
3.7. Herkunft des Viehs auch aus entfernten Gebieten
Da es sich bei vielen Walser Alpen um sehr ertragreiche Alpen mit hochwertigem Futter handelt, sind Weideplätze begehrt. Durch frei werdende Weiderechte (Abnahme der Landwirte) wird Vieh aus allen Landesteilen aufgetrieben. So stammt das Vieh auf Großwalsertaler und Brandnertaler Alpen nicht nur aus dem Walgau und Rheintal, sondern bis aus dem Montafon, Bregenzerwald, Fürstentum Liechtenstein und der Schweiz, im Kleinwalsertal vielfach aus Bayern, am Arlberg aus Tirol (bis vom Zillertal). Dies ergibt ein buntes Bild einer Viehherde mit einer Vielzahl an Rassen.
Abschließend kann festgestellt werden, dass es kein einheitliches Bild oder Muster einer „Walser Alpwirtschaft“ gibt. Die nach Vorarlberg eingewanderten Walliser haben sich den Gegebenheiten in den verschiedenen Talschaften des Landes angepasst. Sie haben Alpen übernommen (so hat es zum Beispiel die Gapfohlalpe im Jahr 1313 schon gegeben) oder neue gegründet und sich den topographischen und klimatischen Verhältnissen angepasst.
Literatur
Joseph FINK/Hippolyt von KLENZE, Der Mittelberg. Geschichte, Landes- und Volkskunde des ehemaligen Gerichtes. Mittelberg 1891.
Karl ILG, Die Walser in Vorarlberg. Dornbirn 1949.
Hans PETER, Untersuchungen über die Ursachen des Rückganges der Alpwirtschaft und der Verödung der Dauersiedlungen am Vorarlberger Tannberg (Arbeiten der Lehrkanzel für Tierzucht an der Hochschule für Bodenkultur in Wien). Wien 1925.
Olaf SAILER, Auf den Spuren der Walser am Tannberg. Dornbirn 2010.
Helmut TIEFENTHALER, Vorarlberger Walserwege. In: Montfort. Zeitschrift für Geschichte Vorarlbergs, 63 (2011) 1, S. 7–21.
Vornehmste Merkwürdigkeiten des Walser-Thaals. Die Baader Chronik. 2 Bde. Immenstadt
Dieser Artikel ist in Heft 93 der „Walserheimat“ zu finden.
Was bedeutet es im 21. Jahrhundert, ein Walser oder eine Walserin zu sein? Diese Frage stellt die aktuelle Sonderausstellung im Museum Huber-Hus in Lech.
Die deutsche Kulturanthropologin Ina-Maria Greverus beschreibt Identität als Wechselwirkung zwischen dem Selbst und den Anderen. Dabei hat sie die Identitätsformel „sich erkennen, erkannt werden und anerkannt werden“ aufgestellt (vgl. Greverus, 1996: S. 100). Versucht man diese Formel auf das Walsertum anzuwenden und durch eine kulturanthropologische Brille zu betrachten, rücken historische „Fakten“, die derzeit immer wieder diskutiert werden, eher in den Hintergrund und die symbolischen Bedeutungen von Zeichen und Praktiken treten in den Vordergrund. Unter Zeichen versteht man zum Beispiel unterschiedliche Kleidungsstile und unter Praktiken unterschiedliche Bräuche. Diese Zeichen und Praktiken bilden einen Verständigungscode und können aufgeschlüsselt werden in Symbole mit einer speziellen Bedeutung und Rituale, die eine Verständigung auf der Handlungsebene darstellen (vgl. Kaschuba, 2003: S 184). Symbole und Rituale sind die Grundlage für ein „sich erkennen“, da sie normalerweise nur von einer spezifischen Gemeinschaft entschlüsselt werden können.
In der Ausstellung werden daher verschiedene Darstellungsformen gezeigt und nach ihrer Symbolkraft befragt. In der künstlerischen Darstellung des Walserzugs zum Beispiel kommt die Wechselwirkung zwischen sichtbarer und gedanklicher Bildlichkeit zum Vorschein. Die einzelnen Bildmotive, die in den Gemälden und Bildern zu finden sind, werden in eine gedankliche Bildlichkeit übertragen und wiederum in Form von Objekten materialisiert. Was kann das bedeuten? Auf vielen Abbildungen des Walserzugs sind Menschen mit ihrem kompletten Hab und Gut abgebildet. Beim 16. Internationalen Walsertreffen in Alagna wurde ein Rucksack überreicht, um die mühevolle Zuwanderung zu unterstreichen. Dieses Wechselspiel zwischen Imagination und Reproduktion zieht sich durch viele Objekte, die in der Ausstellung gezeigt werden und sind wiederum Grundstein für ein „Anerkannt- werden“ im Sinne von Greverus. Mit der Institutionalisierung des Walsertums durch die Walservereinigungen wurde das „Anerkannt-werden“ besiegelt und das Symbol- und Ritualrepertoire weiter ausgebaut. So können die alle drei Jahre stattfindenden internationalen Walsertreffen oder die seit 1989 alle zwei Jahre stattfindenden Walser Skimeisterschaften per se als Ritual beschrieben werden, die ein kollektives Gemeinschaftsgefühl herstellen.
Was bedeutet es im 21. Jahrhundert, ein Walser oder eine Walserin zu sein? Diese Frage stellt die aktuelle Sonderausstellung im Museum Huber-Hus in Lech.
Die deutsche Kulturanthropologin Ina-Maria Greverus beschreibt Identität als Wechselwirkung zwischen dem Selbst und den Anderen. Dabei hat sie die Identitätsformel „sich erkennen, erkannt werden und anerkannt werden“ aufgestellt (vgl. Greverus, 1996: S. 100). Versucht man diese Formel auf das Walsertum anzuwenden und durch eine kulturanthropologische Brille zu betrachten, rücken historische „Fakten“, die derzeit immer wieder diskutiert werden, eher in den Hintergrund und die symbolischen Bedeutungen von Zeichen und Praktiken treten in den Vordergrund. Unter Zeichen versteht man zum Beispiel unterschiedliche Kleidungsstile und unter Praktiken unterschiedliche Bräuche. Diese Zeichen und Praktiken bilden einen Verständigungscode und können aufgeschlüsselt werden in Symbole mit einer speziellen Bedeutung und Rituale, die eine Verständigung auf der Handlungsebene darstellen (vgl. Kaschuba, 2003: S 184). Symbole und Rituale sind die Grundlage für ein „sich erkennen“, da sie normalerweise nur von einer spezifischen Gemeinschaft entschlüsselt werden können.
In der Ausstellung werden daher verschiedene Darstellungsformen gezeigt und nach ihrer Symbolkraft befragt. In der künstlerischen Darstellung des Walserzugs zum Beispiel kommt die Wechselwirkung zwischen sichtbarer und gedanklicher Bildlichkeit zum Vorschein. Die einzelnen Bildmotive, die in den Gemälden und Bildern zu finden sind, werden in eine gedankliche Bildlichkeit übertragen und wiederum in Form von Objekten materialisiert. Was kann das bedeuten? Auf vielen Abbildungen des Walserzugs sind Menschen mit ihrem kompletten Hab und Gut abgebildet. Beim 16. Internationalen Walsertreffen in Alagna wurde ein Rucksack überreicht, um die mühevolle Zuwanderung zu unterstreichen. Dieses Wechselspiel zwischen Imagination und Reproduktion zieht sich durch viele Objekte, die in der Ausstellung gezeigt werden und sind wiederum Grundstein für ein „Anerkannt- werden“ im Sinne von Greverus. Mit der Institutionalisierung des Walsertums durch die Walservereinigungen wurde das „Anerkannt-werden“ besiegelt und das Symbol- und Ritualrepertoire weiter ausgebaut. So können die alle drei Jahre stattfindenden internationalen Walsertreffen oder die seit 1989 alle zwei Jahre stattfindenden Walser Skimeisterschaften per se als Ritual beschrieben werden, die ein kollektives Gemeinschaftsgefühl herstellen.
Eine Besonderheit der Ausstellung ist, dass die Besucherinnen und Besucher aufgefordert sind, selbst aktiv zu werden. In zwei Ausstellungsräumen können sie ihre „Walseransichten“ und „Walsergedanken“ schriftlich hinterlassen. Während der Wintersaison wurden bereits interessante Botschaften gesammelt. Exemplarisch soll eine Notiz erwähnt werden: „Distanz-Walserin? Zugeborene- Walserin? Auf jeden Fall, trotz nur – Kindheit in Lech, Herz-Walserin. […]“ Welche Botschaft würdet ihr hinterlassen?
In einem weiteren Ausstellungsraum besteht die Möglichkeit „Walserisch“ zu hören und zu sprechen. Auf einer Aufzeichnung aus dem Jahre 1958 vom österreichischen Phonogrammarchiv hört man ein Gespräch zwischen der Lecherin Filomena Walch und dem in Lech geborenen Egon Zimmermann. Sie unterhalten sich über unterschiedliche Themen: die ersten Skifahrer, Trachten oder den Aufstieg der Hotellerie. Diese Aufnahme soll die schnelle Veränderung der Sprache in Lech verdeutlichen und „hörbar machen“. Ein Mikrofon, das für die Besucher bereit steht, versucht den Ist-Zustand zu dokumentieren. Hier werden die Besucherinnen und Besucher aufgefordert, etwas in „ihrem Walserdialekt“ aufzunehmen. Während der Wintersaison hat sich bereits die große symbolische Macht der Sprache bewahrheitet. Im Unterschied zu den schriftlichen Botschaften hält sich die mündliche Teilnahme in Grenzen. Auf die Aufforderung, etwas auf das Tonband zu sprechen, reagieren viele mit der Antwort: „Ich kann doch kein richtiges Walserisch“. In dieser Aussage ist ein kulturwissenschaftlich strittiger Begriff enthalten, nämlich „richtig“. Begriffe wie „richtig“ und „authentisch“ beziehen sich auf eine Hierarchie und verweisen auf einen weiteren strittigen Begriff des „Echten“. Was ist „echt“, was ist „falsch“ und wer bestimmt, was „echt“ und „falsch“ ist? Hier zeigt sich ein Verständnis von Kultur als starres, unbewegliches Gebilde und nicht als dynamischer Prozess, der sich in einem ständigen Wandel befindet. Denn was war vor 700 Jahren walserisch? Diese Bruchlinien zwischen gelebtem und imaginiertem Walsertum versucht die aktuelle Sonderausstellung herauszuarbeiten und darzustellen.
Die Ausstellung kann bis 26. September 2013 im Museum Huber-Hus in Lech besucht werden und ist dienstags, donnerstags und sonntags von 15.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.
Mag. Thomas Felfer, Lech
Literatur
Greverus, Ina-Maria: Identitäten zwischen Erinnerung und Integration, In: Narodna umjetnost 33/2, 1996, Croatian Journal of Ethnology, Zagreb, 1996
Kaschuba, Wolfgang: Einführung in die Europäische Ethnologie, 2. aktualisierte Auflage, München, 2003
Dieser Artikel ist in Heft 93 der „Walserheimat“ zu finden.
Zum Goldenen Jubiläum gibt es für die Geehrten meistens Geschenke. Die Internationale Vereinigung für Walsertum (IVfW), die im August 2012 ihr 50-Jahr-Jubiläum feierte, wollte ihren Mitgliedern und allen am Walsertum Interessierten ein bleibendes Geschenk machen. Schon seit Jahren schwebte der Gedanke im Raum, eine Anthologie mit Geschichten, Gedichten und Bildern aus verschiedenen Walsergebieten herauszugeben.
Dieser Wunsch wurde mit dem neuen Buch, das an der Jubiläumsveranstaltung in Saas-Fee vorgestellt wurde, erfüllt. 29 Autorinnen und Autoren präsentieren darin ausgewählte Texte. Das Buch enthält auch kurze Einführungen zu den Walsergebieten und einen Abriss über das Walliser- und Walserdeutsche. 29 ganzseitige Bilder und weitere 71 in den Text eingestreute Aufnahmen aus den Walsergebieten bereichern das Buch. In einem Artikel vom 28.8.2012 im Walliser Boten ist zu lesen: „Die stimmungsvollen Bilder von Walserorten, idyllischen Landschaften und imposanten Bergen sind mehr als nur Illustrationen. Sie zeigen topografische und kulturelle Gemeinsamkeiten der Walser und vermitteln ein Gespür für das Alltagsleben in den Berggebieten.“ Informative Texte zu den Bildern mit wertvollen Informationen zu den Walserorten finden sich im Anhang. Portraits der dichtenden Walser und Walliser, einige Gedanken zum Walserdeutschen aus der Feder des Redaktors und weitere interessante Informationen zum Walserthema vervollständigen den Gedicht-, Geschichten- und Bildband. Der Anthologie ist auch eine CD beigelegt, auf der die Autorinnen und Autoren die Texte in ihrer Mundart vorlesen. Vorarlberg ist mit 13 von 29 Autorinnen und Autoren am zahlreichsten vertreten.
Als Redaktor wirkte Volmar Schmid, Vorstandsmitglied der IVfW. Die Bildredaktion besorgte Josef Eberle, von dem als Bildautor der Großteil der Aufnahmen stammt. Pünktlich zum Jubiläum ist der stattliche, 324 Seiten starke Text- und Bildband erschienen. Der Band ist eine schöne Bereicherung jeder Walser Hausbibliothek und eignet sich als wertvolles und bleibendes Geschenk für alle, die das Besondere lieben.
Bezug über Schweizer, Liechtensteiner und einige Vorarlberger Buchhandlungen und bei der Walserbibliothek Fontanella
Info: E. Burtscher, Tel.: +43 664 123 5517
Preis 48 CHF bzw. 32 €
ISBN 978-3906476-10-0
Elisabeth Burtscher
Das Buch „Bergtee“ stellt auf 184 Seiten in Text und Bild ein gelungenes Projekt vor, wie es sich schon zehn Jahre lang im Großen Walsertal entwickelt hat. Es erzählt von den Menschen im Tal, die Kräuter sammeln und trocknen lassen, diese dann zur Sammelstelle bringen, wo köstliche, immer wieder neue Teemischungen entstehen. Die wertvollen Schätze der Natur bilden zwar die Basis für die ganze Geschichte, sind aber nicht im Innenteil des Buches zu finden. Die Gestalterin Marcella Merholz (Gassner Redolfi KG, Schlins) hat die bunte Vielfalt an Blättern und Blüten raffiniert im Buchumschlag versteckt.
Im Hauptteil erzählen die Bergteeleute Hanno Burtscher, Ilga Bickel und Elisabeth Burtscher, wie die Geschichte angefangen hat, von den Handgriffen, den Beweggründen, den Gedanken, von der Arbeitsweise und von den vielen Begegnungen mit den Menschen, die wir kennen oder als Gäste bewirten. Es sind Begegnungen über Generations- und Talschaftsgrenzen hinweg, die neu entstanden sind wie beispielsweise die Geschichte mit den Lecher Kräuterfrauen. Es ist ein Buch der Ehrfurcht vor der Natur und der Freude an der Arbeit. Viele persönliche Aussagen bringen das zum Ausdruck.
Welchen ökonomischen Stellenwert ein solches Projekt haben kann, beleuchtet die Wirtschaftsdozentin Dr. Barbara Fuchs aus ihrer Sicht und sie hat den Studierenden an der Universität Liechtenstein die Möglichkeit gegeben, andere Wirtschaftsweisen kennenzulernen. In einem dritten Teil zeigt Dipl.-Ing. Susanne Grasser Mittel und Wege auf, über die Kinder das Thema „Kräuter“ in die Familien und somit neu ins Bewusstsein der Talbewohner zu bringen. Das Buch soll Mut machen, Ideen aufzugreifen, wo auch immer sie auftauchen, und Geschichten daraus entstehen zu lassen.
Ein sehr ansprechendes Buch mit Erinnerungen von Lecherinnen und Lechern wurde im Dezember 2012 vom Gemeindearchiv Lech herausgegeben. Die Fotografin Maria Muxel hat rund 60 Personen mit dem Hauptwohnsitz Lech im Alter von 80 und mehr Jahren in ihrer gewohnten Umgebung fotografiert. Parallel zu diesen Fotoaufnahmen führte sie gemeinsam mit Birgit Ortner lebensgeschichtliche Interviews mit fast allen Porträtierten. Kurze Auszüge aus diesen Interviews wurden mit den Bildzeugnissen der Wohn- und Alltagskultur in Lech in diesem Buch veröffentlicht.
Einen besonderen Eindruck hinterlassen die Fotos, bei denen man in die „gute Stube“ der porträtierten Lecherinnen und Lecher blicken kann. Das Auge schweift auf jeder neuen Seite zuerst zum Bild, ein erster Eindruck entsteht und man wird neugierig: „Was kann dieser Mensch Interessantes aus seiner ganz persönlichen Vergangenheit erzählen?“ Vom „Aha-Erlebnis“ bis zum Schmunzeln reicht die Palette. Die Autorinnen haben bewusst sehr unterschiedliche und auch viele humorvolle Anekdoten aus dem umfangreichen Interviewmaterial ausgewählt.
Einige Kostproben aus Geschichten aus dem Alltagsleben, die viel über die Entwicklung on Lech und Zürs in den letzten 100 Jahren erzählen: „Das erste Mal von Lech fortgekommen bin ich, als ich zum Zahnarzt nach Bludenz musste.“ – „Als ich das erste Auto gesehen habe, sagte meine Schwester: Schau, eine Kutsche ohne Ross!“ – „Früher war es normal, dass nicht alle Kinder überlebt haben.“ – „Einmal hatte ich einen Gast, der sogar zwei Skilehrer für sich alleine haben wollte – einen vorne und einen hinten.“ – „Ich bin einer der letzten Heuzieher in Lech.“ – „Der Lech war zugefroren und so konnte man das Feuer nicht richtig löschen.“ – „Daneben waren auch noch Zimmer, aber da waren nur Vorhänge dazwischen. Ich möchte nicht wissen, wie es da oft zugegangen ist.“ – „Ich musste die Königin drei Mal auf einen anderen Stuhl setzen, weil es ihr jedes Mal auf den Kopf geregnet hatte.“ – „Da heroben habt ihr zwei Vorteile: Ihr habt keinen Nebel und keine Mücken.“
Jodok Müller, Riezlern
für mama
langsam abr gwiiß siat ma mrs a, wia lang i scho da schtand muusallei am schtraaßarand, bi ra alta akazie ommanand. miin sitz us blau wiiß gschtraiftm schtoff laad scho fäädra, fransed dött ond da us, miine holzbei send eigetle no guat benand, abr miine roschtiga schruuffa am scharniir, zom mi uuf- ond zuaklappa, dia händ scho lang nömma dia schpannig, wo sch ka händ, wo n i no bluatjong ond niglnaglnüü vorm niglnaglnüüa hüüsle mit dem niglnaglnüüa fänschtr gsee bi. jetz hed ma mi scho dia lengscht ziit nömma bruucha wella, abgschtelld hed ma mi, nämma a da schtraaß im nirgendwo z griichaland. daag ond nacht knattered d mopeds, ruusched d auto ond söttig große, gruusig luute, schtiichige laschtwääga dür, wo n i jedsmal dia grööscht müa haa, dass i vom luftschtooß ned mit eim klepf omfall ond da rescht vo miinera länkwiiliga ziit i da bruatshitz dött flakk schtatt schtand ond dänn keis gfäärt, nei, grad gar nüüd me see ka vo dött donna.
uf eismal sia n i keis knattrigs moped, keis auto, kein fürchtiga laschtwaaga koo. abr ganz düütle zwei reedr mit mords pakktäscha hendrthalb druuf. an großa maa ufm rad, dä im takt allig nechr konnt ond drzua khöörig schnuufet. wo n r uf miina höhe isch, luaget r mi aa, hört uuf tappa, schtigt ab, lained schis schwere rad a dia große duuchlgrüane akazie hendr mir ond konnt dia paar schritt omma. hoofele hokkt r uf mi druuf. uuuuh. puh. des – gaid – grad – no. i ha doch scho viiil z lang nömma güabt! grad schö is. dä maa hokket uf mr druuf, knabbred an a paar kürbiskern ommanand, ond i heb n guat – wer hett des daicht? i ned! ganz schtolz bin i uf mi sälb.
guat gaid s önsch so mitanand!
ond dänn würd s mr viil z weile wiidr liicht. was isch dänn jetz? uufgschtanda ischd r, ond i hör, wia nr said: „Komm, weile, wiible, luag! i ha an schtual für di! hokk di hee! kasch di wondrbar uusruaba!“ aha! siis wiib ischd aakoo, au mim rad. er nemmt s era ab, füürt s zom bomm ond schi hokket sche vrschwitzt uf mi druuf. „Des isch an sörvis!“, saitsch ganz zfriida. „mai, isch des gmüatle!“ ond frait sche. die zwee schwätzed mitanand, ruabd sche as wiile uus ond mache dänn uus, dasch jetz wiitr wänd. s gwicht uf mir gaid wäkk ond mir fürcht s fascht vorm pfüadi sääga.
abr was passiirt? uf eimal märk i wia dr maa mi uuflüpft ond hoofele zsäämaklappt! miine alta, roschtiga scharniir quiitsched ond krached. sapperlott, au! heieiei! was tuat r dänn? dr maa schpannt mi mit am radgommi z oberschddruuf uf schiin großa scheppsa pakk, schtiigt omschtändle uf s rad ond tappt i schiiine göölta trättar. dr luft schtraift mr om miine alta holzbei, miine blauwiißa fransa flattared ganz närsch, as romplet ond rasslet ond wagglet. juchhee!
önsche reis gaid los. wuchalang bin i drbii. nüüd mee gaid oone mi: bi jedr pause schnallt r mi aacha, klappt mi uuf ond lad schis liabe wiible ee zom uf mir hökkla.
so a fraid!
Kleinwalsertaler Mundart von Eliane Fritz aus der WH 90
Schwerpunktthema dieser Ausgabe der Walserheimat sind Museen, Ausstellungen und Dokumentationszentren in Walser Gemeinden in Vorarlberg, Tirol und Liechtenstein.
Museen haben sich selbst zum Ziel gesetzt, Zeugnisse der Geschichte der Menschheit zu bewahren. Beim Lesen der einzelnen Museumsberichte spürt man, mit wieviel Engagement und Enthusiasmus viele Kuratoren diese Aufgabe wahrnehmen. Ein Blick in die Vergangenheit kann unser Verständnis für unsere Vorfahren verbessern. Dabei ist es wichtig, nicht nur ein Detail „herauszupicken“ und dieses isoliert zu betrachten. Vielmehr sollten wir versuchen, die Geschichte „auf Augenhöhe“ zu beurteilen und zu erleben. Es geht darum, uns immer vor Augen zu halten, wie damals die äußeren Umstände waren, wie die Umwelt aussah und auch, welche sozialen Regeln in der Gesellschaft galten. Eine solche ganzheitliche Sichtweise hilft, das Vergangene besser zu verstehen. Museen ermöglichen es, unsere Wurzeln zu erkennen. Und viele gute Ideen sind erst durch einen Blick zurück in die Vergangenheit entstanden.
Interessante Museen sind heute nicht mehr verstaubte und abgedunkelte Räume, in denen die Zeit scheinbar stehen geblieben ist. Mit modernen Konzepten versuchen viele Museen ihre Exponate zielgruppengerecht auszustellen und möglichst viel Wissen zu vermitteln. Erlebnisreich sind vor allem auch die modern gestalteten Ausstellungen wie zum Beispiel die Bergschau 1122 im Kleinwalsertal, das Alpinarium in Galtür oder jene des Biosphärenparks im Großen Walsertal. Aber auch in klassischen Museen wird viel getan, um die Besucher zu fesseln. Kinder können mit historischen Puppen spielen, Erwachsene versuchen sich als Senn in der Käseproduktion. Geschichte kann hier erlebt werden.
Die Bandbreite in den Walser Gemeinden reicht vom klassischen Walser-Museum bis hin zur modernen Ausstellung, vom Bergbaumuseum bis zum Puppenmuseum. Vielleicht spürt auch ihr beim Lesen der einzelnen Beiträge die aufkommende Lust und das Interesse, ein Walser Museum oder eine Ausstellung zu besuchen. Überraschende Eindrücke und Erfahrungen sind sicher.
Weitere Informationen zu Museen in Vorarlberg gibt es auf der Internetseite www.vorarlbergmuseen.at. Neben Kurzportraits der einzelnen Museen kann in deren Sammlungen übergreifend recherchiert werden. Informationen zu Öffnungszeiten, Adressen, Internetseiten usw. findet ihr bei jedem Beitrag. Allgemeine Informationen zu Museen gibt es zusätzlich beim Österreichischen Museumsbund unter www.museumsbund.at und beim Deutschen Museumsbund www.museumsbund.de.
Viel Spaß beim Eintauchen in die Walser Geschichte und Walser Gegenwart!
Rückblick auf das 17. Internationale Walsertreffen am Triesenberg
Mit Freude und angenehmen Erinnerungen blicken wir zurück auf das 17. Internationale Walsertreffen am Triesenberg, das vom 10. bis 12. September 2010 stattfand. Das prächtige Herbstwetter mit angenehmen Temperaturen war ein wunderbares Geschenk für die vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus vier Ländern, aber auch für das mitgliederstarke Organisationsteam, das mit riesigem Einsatz und viel Detailarbeit das grosse Fest vorbereitet hatte. Vom Bilderbuchwetter begünstigt konnten alle Programmpunkte wunschgemäss ablaufen und die vielfältigen Angebote wurden von den Gästen rege genutzt. Mit einem ausgewählten Kulturprogramm, mit Musik, Tanz, einem Wander- und Besichtigungsangebot und dem Festabend mit 1800 Besucherinnen und Besuchern, dem Gottesdienst am Sonntag und dem anschliessenden farbenfrohen Umzug entstanden Eindrücke und Bilder, die hoffentlich noch lange in Erinnerung bleiben werden.
Kultur und ein Musikprogramm für jung Gebliebene am Mittwoch und Freitag
Den Kultur- und Programmverantwortlichen war es ein grosses Anliegen, neben der Folklore, den Festlichkeiten und den Versammlungen mit den ordentlichen Geschäften der Internationalen Vereinigung für Walsertum (IVfW) auch ein angemessenes Kulturangebot in das Programm aufzunehmen. So wurde schon am Mittwochabend das Erzähltheater „Die Hexe vom Triesnerberg“ nach dem Roman von Marianne Maidorf, von Mathias Ospelt verfasst und vom Triesenberger Schauspieler Andy Konrad gekonnt gespielt, ein voller Publikumserfolg.
Am Freitagnachmittag tagte der Gesamtvorstand der Internationalen Vereinigung für Walsertum im festlich geschmückten Sitzungszimmer des neuen Vereinshauses. Neben den ordentlichen Traktanden, die gut abgewickelt werden konnten, bewegte vor allem der Rücktritt von Emilio Stainer aus Alagna die Gemüter. Emilio Stainer, ein Mann der ersten Stunde, hat enorm viel für die Walser in Italien gewirkt. Seine Leistungen wurden vom Präsidenten Richard Lehner entsprechend gewürdigt.
Am Freitagabend fand die Ausstellungseröffnung „Blickpunkt Walser“ statt. Der bekannte Walserforscher und Publizist Dr. Max Waibel eröffnete die von ihm gestaltete und von der Kulturkommission organisierte Ausstellung mit einem interessanten und reich illustrierten Einführungsvortrag im Dorfsaal. Die auf der Galerie des Dorfsaales präsentierte Ausstellung vermittelte auf 14 Thementafeln mit kurzen Texten und sorgfältig ausgewähltem Bildmaterial einen leicht verständlichen Einblick in den Themenkreis des Walsertums.
Die Walliser Mundartrock-Gruppen “eppis“ und „üsserorts“ lockten viele Fans, Junge und jung Gebliebene zum Open-Air-Rockabend auf den Dorfplatz und heizten mit ihren Rhythmen am kühlen Abend so richtig auf. Die Walliser Mundart-Rocker zogen viel Publikum an.
Die meisten Gäste trafen erst am Samstagvormittag ein. Sie bezogen zuerst ihre auf einen weiten Umkreis verteilten Unterkünfte und wählten ihr individuell usammengestelltes Programm aus einem breiten Angebot. Um neun Uhr fand im Bärensaal die Generalversammlung der IVfW statt. Auf der reich befrachteten Traktandenliste stand auch die Vergabe des nächsten Walsertreffens. Erwartungsgemäss folgte die Versammlung dem Vorschlag des Vorstandes und betraute nach gut vorbereiteter Bewerbung das Grosse Walsertal mit der anspruchsvollen Aufgabe.
Mit drei bis auf den letzten Platz gefüllten Bussen wurde eine geführte Landesrundfahrt unter nommen. Viele zog es ins Hochtal Malbun. Die Sesselbahn brachte die Gäste auf 2000 Meter über Meer. Von dort aus bot das Alpenpanorama bei klarer Sicht ein tolles Bergerlebnis. Wieder ins Malbuner Zentrum zurückgekehrt, nutzten viele die Gelegenheit, die Greifvogelschau, vorgeführt von Norman Vögele, zu besuchen. Andere zog es auf die Alpe Sücka wo die Aussicht auf das einzigartige Maiensäss Steg mit den Hüttenvierecken und der Kapelle ein besonderes Erlebnis darstellt. Ein Blick in die Käseproduktion mit Käsedegustation durfte nicht fehlen.
Im Dorfzentrum Triesenberg lockte ein gut vorbereitetes Fest. Auf vier Bühnen gaben die Musik- und Tanzgruppen ihre Produktionen zum Besten und verbreiteten gute Stimmung und viel Festfreude. Viele besuchten auch das 400 Jahre alte Walserhaus und das Walsermuseum mit der Multivisionsschau, die abwechslungsweise in deutscher oder italienischer Sprache vorgeführt wurde.
Viel Zuspruch erhielt die Theatervorführung „UP & DOWN und DÜR & HAR“ der Triesenberger Primarschule im Obergufer unter Leitung von Beatrice Burkhard und Hannes Willinger. Das herzerfrischende Spiel der Fünftklässler befasste sich mit der Sprache, dem verbindenden Element der Walser und enthielt Teile in Dialekt, Schriftdeutsch und Englisch. Mit dem gekonnten Beitrag zum Walsertreffen gab die Primarschule interessante Impulse zum Thema und sorgte für viel Gesprächsstoff.
Ein Versuch, die vielfältige Walserliteratur unter die Leute zu bringen, wurde im neuen Vereinshaus unternommen. Die Verkaufsstände waren mit vielen neuen und älteren Buchproduktionen bestückt und das Verkaufsergebnis durfte sich sehen lassen.
Der Walserabend im grossen Festzelt auf der Sportanlage Leitawis war einer der Höhepunkte des Treffens. 1800 Gäste versammelten sich im festlich geschmückten Zelt. Die Festansprachen des Triesenberger Vorstehers Hubert Sele und die Ansprache des Präsidenten der IVfW wurden mit Spannung erwartet. OK-Präsident Franz Gassner führte gekonnt durch den Abend. Der eigens für das Walsertreffen zusammengestellte Triesenberger Projektchor unter der Leitung von Michael Berndonner vermochte mit den feinen Darbietungen für den in einem grossen Zelt nicht zu vermeidenden Lärmpegel für einige Minuten einzudämmen. Ausgewählte Musik- und Tanzgruppen und der Schauspieler Andy Konrad sorgten mit ihren Auftritten für gute Unterhaltung und Stimmung. Eine grosse Herausforderung war die Verpflegung von so vielen Gästen mit einem feinen Essen. Alles klappte zur vollen Zufriedenheit. Diese nicht zu unterschätzende Leistung unter Leitung von Leander Schädler stiess auf Anerkennung. Viel Lob erntete auch der mit viel Liebe und Können aufgebaute und bis ins kleinste Detail durchgezogene Festschmuck.
Ausklang mit Festgottesdienst und farbenprächtigem Umzug am Sonntag
Der Sonntag begann mit einem ökumenischen Gottesdienst, zelebriert von den Ortsgeistlichen Pfarrer Georg Hirsch und Kaplan Johannes Schwarz sowie dem evangelischen Pfarrer Josias Florin, der wie an mehreren vorhergehenden Walsertreffen die Festpredigt hielt. Der Projektchor umrahmte den Gottesdienst mit bisher an Walsertreffen unüblichen modernen Rhythmen.
Der anschliessende Umzug mit über 40 teilnehmenden Gruppen war an guter Stimmung und Farbenpracht mit den Trachten, Musikuniformen und Bildern und Utensilien aus den verschiedenen Kolonien kaum zu überbieten und bot den zahlreich anwesenden Schaulustigen und Fotografen eine Atmosphäre, die Begeisterung auslöste.
Mit dem Mittagessen im Festzelt auf Leitawis, dem Verteilen von Geschenken und verschiedenen Dankesadressen der teilnehmenden Gruppen ging das Fest zu Ende. Dankbar und herzlich verabschiedeten sich die Gäste. Sie geizten nicht mit Lob an die Veranstalter und auch an Petrus, der uns alle mit so traumhaftem Wetter beschenkt hatte und den Festverantwortlichen fast alle Stolpersteine aus dem Weg räumte.
Der OK-Gruppe aus dem Grossen Walsertal wünschen wir jetzt schon eine erspriessliche Vorbereitungszeit und ein gut besuchtes 18. Internationales Walsertreffen im Jahr 2013.
Dieser Artikel ist in Heft 88 der „Walserheimat“ zu finden.
OFFENE DEUTUNG
Gelegentlich lösen Flurnamen Diskussionen über ihre Herkunft und ihre Wortbedeutung aus. So geschieht dies auch im Kleinen Walsertal, wo die Flurnamen Letze und Litze vorkommen. Es scheint nicht endgültig geklärt, welche Bedeutung diese Flurennamen haben. Universitätsprofessor Anton Amann, gebürtig aus Mittelberg, möchte die Leser an der Diskussion beteiligen und hat der Walserheimat seine Ausführungen überlassen.
Was ist eine Letze?
Das Wort Letze ist seit dem 13. Jhd. nachweisbar.1 Die etymologischen Verhältnisse des Wortes sind nicht völlig geklärt. Letze entspricht laut Jacob und Wilhelm Grimm (Grimm’sches Wörterbuch) den französischen „lices”, der italienischen „liccia”, „lizza” und dem englischen „list” (heute auch Erdwall). Das deutsche Wort Letze stammt jedenfalls aus diesen Wurzeln, weil die romanischen Formen aus lautlichen Gründen sich nicht aus Letze herausbilden konnten, sondern eben umgekehrt. Aus Gründen der Verbreitung lässt sich die romanische Herkunft ebenfalls auch deuten, da die entsprechenden Wörter laut Grimm durch alle romanischen Dialekte gehen, Letze im Deutschen aber nur im Süden (alemannisch und bayrisch) vorkommt und hier erst spät auftaucht.2 Mit einiger Berechtigung kann angenommen werden, dass die Walser das Wort Letze auf ihren langen Wanderungen, die sie in den Mittelberg führten, aus dem Romanischen mitgebracht haben.
Otto Merkt schrieb 1950 in „Das schöne Allgäu”3 über „Eine Letze im Kleinen Walsertal” und 1951 über „Letzen im Allgäu”4. Er geht eingrenzend davon aus, dass die Heimat der Letze die Schweiz sei, „dort wohl auch ihre größte Verbreitung, begünstigt durch die Natur, das Alpenland”5 hätte. Die etymologische Herleitung wählt er allerdings über die Wortsippe von Letze, Litze6, Latz, in der er das zentrale Moment der Begrenzung und Abgrenzung findet und über die Bedeutungsnähe von Letze und verletzen im Gedanken an einen Ort, wo man „angefasst und eingefasst” wird. Damit ist eine Verteidigungsanlage gemeint. Mit Bezug auf Erwin Pöschl scheint er die Grimm’sche etymologische Ableitung aus dem Romanischen abzulehnen, weil jener meint, dass „die romanischen Sprachen selbst solche Anlagen nicht mit einem zu lices gehörigen Wort bezeichnen, sondern eine derartige Sperre ‚Serra‘ nennen oder nach dem lateinischen ‚clusum‘.”7
Im Mittelhochdeutschen Wörterbuch von Lexer findet sich: „letzen: hemmen, aufhalten, hindern, verhindern.” und bei Schützeichel im Althochdeutschen Wörterbuch: „lez(z)en: hemmen, aufhalten, verlangsamen, beunruhigen.” Das im Grimm’schen Wörterbuch gebrauchte Argument der lautlichen Herleitung ist damit allerdings nicht widerlegt, sodass hier die Vermutung der romanischen Abkunft beibehalten wird.
In ihrer früheren Verwendung hieß die Letze an der alten Walserstraße zwischen dem Zwerwald und dem Leidtobel „Lezin” und „Leze” bzw. „Letzin”.8 Das Wort ist ein Flurname bzw. die Bezeichnung einer Häusergruppe. Der Ort liegt direkt vor der Leidtobelbrücke. Dort reicht ein steiler Felsabhang bis unmittelbar an die alte Straße herunter und unterhalb der Straße fällt ein steiler Hang bis zur Breitach ab. Der Durchgang ist eng, abseits der Straße höchstens für geübte Geländegeher, keinesfalls aber für irgendwelche Arten von Transport geeignet. Allerdings sind heute keine Spuren einer Letze mehr zu sehen. Merkt gibt an: „Der einzige Beweis für eine echte Letze ist ja der Flurname in Verbindung mit der Situation an Ort und Stelle.”
Damit öffnet sich sachlich und historisch die Möglichkeit, der Bedeutung von Letze näher zu kommen. Das im 13. Jhd. auftauchende Wort hat vor allem eine wehrtechnische Bedeutung. Es bezeichnet einen Grenzverhau, eine „Landwehr”, eine Verteidigungslinie, meist in Form eines Verhaus, mit oder ohne Graben davor, mitunter auch mit Wachthäusern für eine kleine Besatzung, „namentlich da, wo straszen herzuführen.”9 Wann sollte es im Breitachtal notwendig geworden sein, eine Letze zur Verteidigung zu errichten? Weshalb soll gerade dieser Ort dafür in Frage gekommen sein? Welche geschichtlichen Ereignisse bieten sich für eine Deutung an?
In der früheren Ausdrucksweise sind Letzen Straßensperren, errichtet unter bestimmten militärischen Gesichtspunkten: Verteidigung eines Übergangs oder Durchgangs, Einsehbarkeit des weiteren Umfeldes, um den Feind früh zu entdecken, Rückzugsmöglichkeit für Menschen und Tiere hinter die Verteidigungslinie, falls dies ratsam erscheint. Merkt zieht für die historische Bedeutung der Letzen im Allgäu10 die Geschehnisse des so genannten „Appenzeller Krieges” zwischen 1400 und 1410 heran. Die Appenzeller hatten zuerst den Abt von St. Gallen erfolgreich bekämpft, versuchten dann die Allgäuer Bauern zum Mittun im Krieg gegen die ungeliebten Herren zu bewegen, drangen bis Füssen vor und belagerten sogar Immenstadt.11 Hier wäre ein erster Anhaltspunkt zu markieren, zumal neben der sachlichen Überlegung ja auch eine Rolle spielen mag, dass Letzin als Flurname im Breitachtal urkundlich das erste Mal im 15. Jhd. auftaucht. Merkt bezeichnet den Ort als einen aus zwei Häusern bestehenden „Weiler”.12 Nun sind urkundliche Erwähnungen einer Letze noch kein Nachweis dafür, wann dort tatsächlich etwas errichtet wurde, sie bedeuten Vorhandensein. Inwiefern sie allerdings, zusammen mit anderen Befunden, gute Anhaltspunkte abgeben können, wird sich im Folgenden zeigen.
Welche wären nun die technischen Argumente, die angeführt werden können? Wenn in dieser historischen Zeit dem Breitachtal eine Bedrohung von außen, in diesem Fall also aus dem Nordosten, ins Haus stand, gab es zwei Stellen, die sich militärisch als besonders günstig zu einer Abwehr von Eindringlingen eigneten: zum einen die Walserschanze für den Ort Riezlern, wobei die Funktion dieser Schanze ausdrücklich nur im „Dreißigjährigen Krieg” erwiesen wurde, und eben die Letze für den inneren Teil des Tales.
Der zeitliche Abstand bei der Nennung von Walserschanze und Letze findet in Merkts Nachweis einen Halt, dass manche Letzen später Schanzen genannt wurden,13 zumal auch in der Schwedenzeit im Allgäu schon nicht mehr von Letzen, sondern von Schanzen gesprochen wurde.14 Die Letze bei Riezlern, die tatsächlich in der Ortschaft Hirschegg, und zwar im Leidtobel liegt, kommt als Ort einer Befestigung zeitlich erheblich vor dem Dreißigjährigen Krieg zu liegen.
Nun werden vermutlich keine Wehren und Straßensperren dort angelegt, wo der regelmäßige Verkehr von Menschen und Tieren nicht vorhanden ist. Es gilt daher, einen Hinweis zu finden, dass der Weg bzw. die Straße von Riezlern durch den Zwerwald über die Letze ins Leidtobel, hinauf auf den Dürenboden und weiter in Richtung Mittelberg – eben die „alte” Walserstraße – tatsächlich auch von Bedeutung war. Dies ist das zentrale Argument. Denn, weil eine Letze grundsätzlich eine Straßensperre ist, liegt jede an einer Straße – auch hier. Im „Spruch des Gerichts Mittelberg über die Rodeinteilung” von 1690 findet sich ein Passus, der hier von Nutzen sein könnte: „fürohin zue allen Zeiten, Sommer und Winter Zeit, wanns die noth Erfordert, am andern helffen machen, und erhalten nach lauth des Haubtbrieffs, daß man in alweg den Weg und die Prug in alweg nach notturfft zue gebrauchen hab mit gehen Sommen und fahren doch mit Vorbehalt, wan das ain od mehr Stuckh gueth an Steg od. Weg auch an der Prug vor disßen schuldig geweßen währen zue machen, so sollen dieselben Solches fürohin zue allen Zeiten machen und erhalten wans die Notturfft erfordert.”15 Grob gesprochen war eine Rodeinteilung eine Absprache und zugleich Anweisung, welche Hausbesitzer, anrainend an eine von mehreren benutzte Straße, zu deren Erhaltung verpflichtet waren. In diesem Spruch des Gerichts Mittelberg ist ausdrücklich festgehalten, dass die Rodeinteilung für die „Landtstraß” für jeden Ort – hinein über den Zwerbach bis in die „Indre Pfarr” – zu Recht gilt.
Fraglos ist hier mit der „Prug” von der Leidtobelbrücke nach der Letze taleinwärts die Rede, fraglos ist diese gerichtliche Verlautbarung des Mathisß Haim, „Stabhalter des Gerichts Mittelberg in die Herschafft Bregenz gehörig”, aus guten Gründen gemacht worden. Sie sollte durch rechtsverbindlichen Auftrag an die Anrainer sicher stellen, dass eine von vielen und häufig benutzte Landstraße zum Gehen, Säumen und Fahren „fürohin und zue allen Zeiten” in angemessenem Zustande gehalten wurde. Obwohl die Urkunde aus 1690 datiert, spricht rein gar nichts dagegen, dass diese Straße „immer schon” die ihr in der Urkunde zugeschriebene Bedeutung hatte, denn – eine andere Straße gab es nicht durch diesen Teil des Breitachtals.
Mit den bisherigen Überlegungen ist nun historisch nicht zu belegen, wann zum ersten Mal tatsächlich eine „Landwehr” oder eine Straßensperre in der Letze aufgebaut wurde. Es ist nicht auszumachen, ob tatsächlich Verteidigungshandlungen stattgefunden hatten. Es ist eher zweifelhaft, ob eine über längere Zeit dauernde Befestigung überhaupt existierte. Was als sicher gelten kann, ist die Bestimmung aus etymologischen und wehrtechnischen Argumenten. Die Überlegungen könnten damit abgebrochen werden, gäbe es nicht das, was man den stillen Druck der Geschichte nennen könnte. Darunter soll die Tatsache verstanden werden, dass in einer Bevölkerung historisch, politisch und sozial als bedeutsam erfahrene Begebenheiten sich sprachlich niederschlagen, sich in der Sprache verankern und in Bezeichnungen und Ausdrücken aufgehoben bleiben, auch wenn ihr sachlicher Gehalt längst entschwunden ist. Deshalb soll nun auch diesem Gesichtspunkt noch nachgegangen werden.
In der „Flurnamenkarte Gemeinde Mittelberg” von Vogt16 finden sich im Umkreis der Letze die zwei Flurnamen Salpeterhütte und Schmittele. Es legen sich Assoziationen nahe, die auf die „Landwehr” einen Bezug herstellen wollen. Nun gilt es, vorsichtig zu sein. Beispielsweise ist Arthur Schuster, einem Kenner der Gegend um die Letze, die Salpeterhütte nicht bekannt.17 Hier gälte es, weiter zu forschen, zumindest auf dem Pfad, dass Salpeter, bekanntlich ein Bestandteil des Schwarzpulvers, in irgend einer Weise mit dem Bedeutungskomplex „Landwehr” in Verbindung gebracht werden könnte. Schmittele hat einen näheren Bezug insofern, als hier wohl die – auch nicht vollends geklärte – Tatsache im Hintergrund steht, dass das Haus Nr. 14 (nach der alten Häuserzählung), unmittelbar nach der Leidtobelbrücke in Richtung Mittelberg gelegen, und damit unterhalb der Letze, ehemals eine Schmiede war oder gewesen sein soll.18 Das kann, falls es zutrifft, von Bedeutung für den Fuhrverkehr gewesen sein, vielleicht aber auch für die Vorstellung, im Falle notwendiger Verteidigung an Ort und Stelle benötigtes Gerät herstellen zu können. Zumindest ein Gedanke sollte noch darauf verwendet werden: Ganz in der Nähe mündet der Hirschegger Mühlebach in die Breitach. Er bildet nordwestlich ein Hindernis für jemanden, der die Letze umgehen will.
J. Fink und H. v. Klenze berichten im XVI. Kapitel ihres Buches über das Vereinswesen im Kleinen Walsertal und gleich am Anfang des Abschnitts über das „Schützenwesen”. 1826 wurde auf „höheren Befehl” ein „Schießstand” im Leidtobel errichtet.19 Im Jahr 1887 wurde der „neue” Schießstand gebaut, exakt vor der Engstelle in der Letze (Richtung Süden). Der Protektor war der Erzherzog und Kronprinz Rudolf, der einzige Sohn von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth. Die Stelle für den Schießstand wird auch gewiss nicht zufällig gewählt worden sein. Hier wäre noch archivalischen Quellen nachzugehen. Die oben genannte Bezeichnung Salpeterhütte könnte ja auch in einem inneren Zusammenhang mit dem Betreiben des Schießstandes gestanden haben.
4. Fazit
Letze ist ein Wort, das mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Romanischen in den Kleinwalser Dialekt übernommen wurde. Es hat, neben einer Reihe anderer Bedeutungen, über die das Grimm’sche Wörterbuch Auskunft gibt, vor allem jene der „Landwehr” bzw. der Straßensperre. Kein Ort im Breitachtal eignete sich besser dafür als die Letze. Urkundenhinweise aus dem 15. Jhd., weitere Flurnamen und der stille Druck der Geschichte legen nahe, dass diese Deutung zutreffen könnte. Auf weitere Urkundenauskünfte und auf mündliche Berichte bleibt zu hoffen, mit deren Hilfe sich manche der Vermutungen, die hier angestellt worden sind, noch etwas eingrenzen ließen.
Anmerkungen:
Der vollständige Artikel ist in Heft 86 der „Walserheimat“ zu finden.
von Pastoralassistent Gregor Schirra
Sie prägen unser Orts- und Landschaftsbild, sind Zeichen einer persönlichen Geschichte mit Erfahrungen von Leid und Not, aber auch Freude und Dankbarkeit – unsere Kapellen. Sie grüßen von Höhen, stehen an Gefahrenstellen der Natur oder zieren die kleinen Weiler und Gehöfte. Doch oft ist ihre teilweise lange Geschichte vergessen, oder sie stehen verlassen und unbeachtet. Dabei lohnt sich die Auseinandersetzung mit ihnen.
Zunächst muss hier geklärt werden, was eine Kapelle von einer Kirche unterscheidet. Der Begriff Kirche trifft nur für den Gottesdienstraum einer Pfarrgemeinde zu, in dem alle Sakramente der Kirche gespendet werden können. Kapellen dagegen haben selten einen eigenen Beichtstuhl oder Taufstein. Und sie haben keinen eigenen Pfarrer (gehabt), der dort seine ganze Gemeinde um sich sammelt. Der Begriff Kapelle hat seine Wurzeln im frühen Mittelalter. Wie allgemein üblich pflegte auch der merowingische Hof in Frankreich den Brauch der Reichskleinodien, Reliquien und Zeichen, die die Königswürde untermauern sollten. Dazu zählte dort die Reliquie des Mantels von Bischof Martin von Tours. Solch ein Kleidungsstück wurde altlateinisch capa und mittellateinisch capella genannt, auf französisch chapelle. Da nun dieses Mäntelchen zum Hofzeremoniell nötig war, führte es der König auch stets bei der Reise durch seine Lande mit sich und verwahrte es nebst den übrigen Reichskleinodien am jeweiligen Aufenthaltsort in einem kleinen Raum neben dem Thronsaal. In den Wirren des Krieges gegen die Hugenotten wurde diese Reliquie großteils zerstört, so dass man sie heute nicht mehr sehen kann.
Dass man heilige Gegenstände zum Reichsschatz zählte, muss nicht verwundern. Sie belegten die Herrschaft „von Gottes Gnaden“, also dass die Ständeordnung der Gesellschaft als von Gott so vorgegeben angesehen wurde. Bekannter sind Reliquien wie die heilige Lanze (Wien) oder der heilige Rock (Trier). Ab dem 8. Jhdt. ist belegt, dass dann sowohl der Reliquienschrein wie auch der Aufbewahrungsraum selbst den Titel Capella führen, ob nun der Mantel darin war oder nicht. Vom französischen Hof übertrug sich der Begriff an viele europäische Fürstenhöfe, Bischofsstühle und Klöster, die die Verwahrorte ihrer Kleinodien und Reliquien nun ebenfalls capella benannten. Die Pflege der Reliquien und die Verwaltung ihrer Verehrung wurde einem Geistlichen übertragen, dem Kaplan. Später übernahmen diesen Dienst auch ganze Klostergemeinschaften, die dort ihr Chorgebet verrichteten. So übertrug sich der Name capella weiter auf die Chorgemeinschaft, wie auch der musikalische Begriff des A-capella-Singens (Gesang ohne Instrumentalbegleitung) belegt. Im weiteren Verlauf wurde dieser dann auch auf profane Chöre und Musikergruppen ausgeweitet.
Während nun die Gebets- und Verwahrräume der Reichskleinodien capella genannt wurden, bezeichnete man die über Land verstreuten kleinen Gebetsstätten, die wegen ihrer Größe nicht in den Rang einer Kirche aufstiegen, ehemals als cella. Dies hat seinen Ursprung darin, dass zur Pflege des Gotteshauses stets wenigstens ein Klausner/Einsiedler, wenn nicht gar ein paar Mönche oder Nonnen bestellt werden mussten, die in dessen Nachbarschaft eine Zelle zu errichten hatten. Erst ab dem 17. Jhdt. taucht der Begriff der Kapelle auch bei kleinen Gebetshäusern auf, die auf bürgerlich/bäuerliche Privatinitiative hin wohnortnah zu den Stiftern errichtet wurden und Ausdruck ihres persönlichen Gebetsanliegens oder Erfüllung eines Gelübdes sind.
Dabei hat dann auch jede Kapelle eine eigene, mitunter erschütternde oder auch charmante Geschichte, die zu betrachten sich durchaus lohnt. Ich kenne ein paar Kapellen, die aufgrund des bisher unerfüllten Kinderwunsches ausgelobt wurden. Als sich der Kindersegen einstellte, wurde die Kapelle errichtet. Von der „Spinnerkapelle“ in Oberstaufen ist überliefert, dass sie so großen Segen bewirkte, dass der Stifter, ein Leinenspinner von Beruf, mit einem weiteren Eid die Einebnung der Kapelle androhen musste, um dem Himmel zu verdeutlichen, dass er ihm nun genug Kinder geschenkt habe und einhalten könne mit seinem Segen. Solche oder andere Entstehungsgeschichten bewegen das Herz und sind sicher wert, entdeckt und überliefert zu werden.
Ein persönlicher Gedanke: Nicht nur um unsere Kapellen zu erhalten, sondern auch ihre Tradition und ihren Nutzen neu zu beleben, möchte ich Sie anregen, sich mit ihnen auseinander zu setzen. Lassen Sie die Kapellen wieder zu Orten Ihrer persönlichen Gebete und Anliegen werden. Nutzen Sie die Gelegenheit, sich gegenseitig in Ihre Kleinode einzuladen und sie zu erkunden. So werden sie durch Ihr Gebet mit den Nachbarn zu Ihrem persönlichen Ort der Gottesbegegnung. Dazu wünsche ich Ihnen viel Freude und den nötigen langen Atem, auch zum Wohl unserer Heimat und ihrer Kultur.
Dieser Artikel ist in Heft 85 der „Walserheimat“ zu finden.
Ein Vortrag von Elisabeth Burtscher bei der 2. internationalen Sprachtagung am 9. Juni 2006 in Brig
Wir haben jetzt vieles gehört zur Sprachforschung. Forschung ist wichtig. Es ist äußerst wichtig, wenn junge Leute, Diplomanden, sich intensiv mit der Sprache beschäftigen. Forschungsergebnisse zu dokumentieren ist auch wichtig. Interessierte finden dort, was sie suchen. Diplomanden können sich informieren. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass wir mehrmals in der Woche einem Forscher begegnen oder Forschungsdokumentationen in die Hand bekommen. Was wir aber täglich tun und tun können und sollen, ist hören und reden beim Zusammentreffen mit den Leuten.
von Gernot Ganahl
In sechs Talschaften Vorarlbergs leben Walser, ein Volk mit gemeinsamer Vergangenheit und auf dem Tannberg und in den Walsertälern mit gemeinsamer Mundart. Die Sorge um die Pflege und Erhaltung des Volkstums der Walser führte verantwortungsvolle Frauen und Männer aus verschiedenen Gebieten immer wieder zusammen. Was der losen Interessensgemeinschaft fehlte, war eine zentrale Stelle. Mit der Gründung des Vereins, der den bezeichnenden Namen „Vorarlberger Walservereinigung“ (VWV) erhielt, sollten die Bemühungen dieser Heimatpfleger auf eine rechtliche Grundlage gestellt werden. Vor 40 Jahren erfolgte die Gründung der VWV.
von Walter Leitner
Die Entstehung der ältesten Verbindungswege und Transitrouten in den Alpen steht in engem Zusammenhang mit Tausch und Handel von Feuerstein, jenem Rohstoff, der für die steinzeitliche Jäger- und Sammlergesellschaft ein unverzichtbares Gut für die Herstellung von Waffen und Werkzeug darstellte. Härte und gute Spaltbarkeit bilden die idealen Eigenschaften dieser kieselsäurehältigen Gesteine, die in vielen Varietäten in den Kalkformationen der Erde vorkommen. In den Alpen waren es natürliche Aufschlüsse wie Bergstürze, Verwitterungshalden oder Bachbettschotter, in denen zunächst die oberflächliche Aufsammlung dieses Materials begann. Letztlich führten diese Aufschlüsse auch zu den ursprünglichen Lagerstätten, wo die beste Qualität des Gesteins zu erwarten war. Die Güte des Materials war ein ausschlaggebender Faktor für den Tauschhandel. Das ersieht man aus den weit reichenden Verteilerstrecken im und über den Alpenraum.
Längst nicht alle Feuersteinlagen waren auch abbauwürdig. Weniger qualitätvolles Material wurde nur im Bedarfsfall verwendet und hatte für den überregionalen Vertrieb keine Bedeutung. Ein wichtiger Stellenwert kam auch der Quantität des Abbauproduktes zu, denn zunächst galt es den Eigenbedarf zu decken, bevor man exportierte.
Klare Spuren von prähistorischen Feuersteinbergwerken trifft man in Europa erst ab dem 5. Jahrtausend v. Chr. an (Jungsteinzeit). Tausende von aufgelassenen Schacht- und Grubenbauten, in denen manchmal noch die Reste von Abbauwerkzeugen in Form von Steinhämmern und Geweihhacken zu finden sind, zeugen davon. Derartige Befunde sind im inneren Alpenraum noch nicht deutlich zum Vorschein gekommen, obwohl es an Regionen mit Feuersteinvorkommen nicht mangelt. Haben sich die inneralpinen Gruppen mit der Aufsammlung von anstehendem Oberflächenmaterial begnügt und bezogen die bessere Ware ausschließlich von den zirkumalpinen Abbaustellen?
Neue Untersuchungen zu diesem Thema führen uns nach Vorarlberg in das Kleine Walsertal. Dort führt das Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Innsbruck seit 1999 archäologische Ausgrabungen durch, die den ältesten Nachweis des menschlichen Aufenthalts in diesem Tal erbrachten. Es waren Jägergruppen, die während der nacheiszeitlichen Sommermonate die wildreichen Hochlagen aufsuchten um Steinbock, Gämse, Rothirsch, Reh und Bär zu jagen.
Ihre Spuren hinterließen sie in ihren Jagdstationen, die als Basisstation für ihre Streifzüge dienten. Große Felssturzblöcke und überhängende Felswände gehörten zu den bevorzugten Aufenthaltsstellen. Im Schutze dieser natürlichen Formationen errichtete man Feuerstellen und Windschutzkonstruktionen. Reste von Speiseabfällen und vor allem große Konzentrationen von Feuersteinabschlägen weisen untrüglich darauf hin, dass hier Mahlzeiten zubereitet und Steingeräte zugeschlagen wurden. Von diesen Lagern aus brach man zur Jagd auf. Das bewuchsfreie Gelände oberhalb der Baumgrenze war für die Beobachtung des Wildwechsels von Vorteil. Aus zahlreichen archäologischen Funden von Feuersteinabschlägen auf vielen Pässen und Übergängen Vorarlbergs erschließen sich uns die Routen der steinzeitlichen Jäger.
Neben Proviant sowie Bogen und Pfeilen, führten sie auch steinernes Rohmaterial in ihrem Reisegepäck mit, denn ihre Werkzeuge und vor allem die Bewehrung der Pfeilschäfte erlitten häufig Schaden oder gingen verloren und mussten laufend ersetzt werden. Um dem Umstand der unerwarteten Rohstoffknappheit vorzubeugen, legte man gelegentlich auch kleine Feuersteindepots entlang dieser Strecken an. Daraus lässt sich schon eine gewisse Frequenz der Begehung erahnen. Im Zuge solcher Wanderungen kam es sicherlich zu Kontakten mit Jägergruppen aus den benachbarten und auch weiter entfernten Kulturregionen. Mögen die Begegnungen auch nicht immer friedlicher Art gewesen sein, auf dem Sektor des Gütertausches ergaben sich sicher wohlwollende Tauschbeziehungen. Dabei spielte der Feuerstein eine große Rolle – und mit ihm das Kleine Walsertal.
Es hat sich nämlich gezeigt, dass in den hinteren Seitentälern des Kleinen Walsertales wie im Wildental, dem Bärgunttal und vor allem im Gemstel bedeutende Feuersteinbänke durchziehen. Es handelt sich dabei um Radiolarit, der in rötlichen, grünlichen und grauschwarzen Farbnuancen in großen Mengen vorkommt. Geologische Untersuchungsergebnisse stufen die Qualität des Materials als gut bis sehr gut ein, wobei die grünen Varietäten die homogenste Struktur zeigen.
Im Zuge der Ausgrabungsarbeiten eines prähistorischen Jägerlagers unter einem Felsüberhang auf der Alpe Schneiderküren (1550 m) und einer Talstation am Ufer des Schwarzwasserbaches in der Flur Egg bei Riezlern (1050 m) in den Jahren 1999 bis 2004 wurde deutlich, dass praktisch das gesamte steinerne Geräteinventar dieser Fundstellen aus den erwähnten Radiolariten besteht. Materielle Qualitätsunterschiede innerhalb der Steinwerkzeuge weisen darauf hin, dass der Rohstoff nicht ausschließlich von den Primärlagern stammt, sondern auch aus dem Schotterbett der Breitach entnommen wurde, wo er auf dem natürlichen Transportweg hingelangte.
So gesehen bildeten die Breitach und ihre Quellwasserläufe die eigentlichen Wegweiser zu den natürlichen Aufschlüssen dieser Gesteine. In diesem Zusammenhang erweist sich primär das Gemstel als absolutes Zentrum für Radiolaritgewinnung. Im Bereich der „Bernhards Gemstelalpe“ (ÖK 50.000, Nr. 113) häufen sich die Anzeichen. In schluchtartigen Einschnitten ist der Verlauf der Feuersteinbänke deutlich zu sehen und über die steilen Talflanken gehen große Halden an verwittertem Radiolarit bis hin zur Talsohle ab. Treffenderweise werden hier die Wiesenhänge oberhalb der Gemstelhütte schon seit langer Zeit als Feuersteinmähder bezeichnet.
Diesen Indizien Rechnung tragend galten die montanarchäologischen Untersuchungen diesem Steilhang. In 1550 m Höhe treten die Radiolaritbänke an mehreren Stellen an die Oberfläche. Am Fuß dieser Ausbisse sind jeweils kleine Terrassierungen zu beobachten, die den Verdacht aufkommen lassen, man hätte sich hier kleine Arbeitspodeste geschaffen um den Feuerstein abzubauen. Erste Abgrabungen untermauerten diese Überlegung. Die Radiolaritschichten unmittelbar unter dem Waldboden zeigten besonders homogene Strukturen und beste Qualität. An mehreren Stellen waren Aussplitterungen zu registrieren, die auf einen Abbau mit groben Steinhämmern schließen lassen. Weiters zeigen im Kontext gefundene Abschlagstücke und Präparationstrümmer, dass das Feuersteinmaterial zunächst vor Ort auf seine Güte getestet wurde, bevor die besten Stücke sodann denn Weg ins Tal zur Weiterverarbeitung oder als Handelsgut fanden.
Für die Ermittlung der Datierung des Abbaus kommen folgende Kriterien zur Anwendung: Gegen eine neuere bzw. historische Zeit spricht grundsätzlich das Fehlen jeglicher Aufzeichnungen von industrieller Gewinnung und Verwendung dieses Materials in den amtlichen Chroniken des Tales. Auch die wenigen modernen Gelegenheitsschleifer von Schmucksteinen fallen nicht ins Gewicht, da sie nach eigener Aussage ganz andere Plätze aufsuchten und andere Materialien verarbeiteten („Walser Jaspis“). Zudem ist an den abgeschlagenen Stücken zu erkennen, dass diese nicht mit einem herkömmlichen Eisenhammer bearbeitet wurden.
Klarere Indizien sprechen vielmehr für einen Abbau in prähistorischer Zeit, in der dieses Gestein, als der meist verwendete Rohstoff für die Herstellung von Werkzeugen, von großer Bedeutung war. Ausgehend von den bis dato bekannten Steingeräten aus den erwähnten Jagdlagern im Kleinen Walsertal, die nach der Radiocarbon-Methode (C14) in das 7. und 6. Jahrtausend v. Chr. datieren, bilden somit die Hänge der Feuersteinmähder das höchst gelegene und vermutlich älteste Abbaugebiet von Feuerstein in Europa. Aufgrund der oberflächlich verlaufenden Schichtungen war es wahrscheinlich nicht notwendig, tiefere Stollen oder Schächte in den Hang zu treiben. Man schlug oder sprengte die besten Brocken heraus, zerkleinerte sie an Ort und Stelle und präparierte Halbfabrikatstücke zur Mitnahme auf den ausgedehnten Streifzügen.
So kam das Material in den regionalen Umlauf und es dürfte sich bald herumgesprochen haben, dass im Gemstel große Mengen an gütevollem Feuerstein zu holen sind. Möglicherweise war es nicht immer nur gelegentliche Rohstoffbeschaffung, die hier sozusagen „en passant“ erfolgte. Der organisierte bergmännische Abbau von speziellen Arbeitsgruppen ist durchaus in Betracht zu ziehen und die Region Hinteres Gemstel wurde damit zu einem Versorgungszentrum von Radiolarit für den Vorarlberger Raum, das Alpenrheintal und das südliche Bodenseegebiet, wie erste Untersuchungen von Vergleichsmaterial z.B. aus Koblach-Rheinbalme, Koblach-Krinne und auch von Arbon-Bleiche verdeutlichen.
Das Gemstel birgt nicht die einzigen Radiolaritvorkommen in Vorarlberg. Nach ersten Prospektionen im Großwalsertal und in der Hochtannbergregion zu urteilen, bilden sie jedoch im Vergleich zunächst die ergiebigsten und qualitätvollsten Aufschlüsse.
Der vollständige Artikel ist in Heft 81 der „Walserheimat“ zu finden.
von Tiburt Fritz
Tracht ist schlicht das Kleid, das man trägt. Im alpenländischen Raum findet man ca. 1500 Jahre alte Trachtendarstellungen auf Grabsteinen der romanisierten rätischen Bevölkerung.
Wie ist das nun mit den Walser Trachten? Vielfach vermitteln z.B. Darstellungen des Walserzuges, also des im 13. und 14. Jahrhunderts erfolgten Zuzuges der Walliser in ihre heutigen Wohngebiete, den Eindruck, dass diese bereits beim Auszug aus dem Wallis eine einheitliche Tracht getragen hätten. Diese romantisierenden Vorstellungen sind nicht zutreffend.
Ab dem 16. Jahrhundert kann man die ersten Anzeichen bäuerlicher Tracht feststellen. So darf man auch in diese Zeit das Entstehen der ältesten Walser Trachten legen. Die schwarze, fein gefältelte, oberhalb der Brust gebundene Juppe der Kleinwalsertalerinnen z.B. geht auf den Tragmiederrock des Mittelalters zurück. Er zählt zu den Urformen weiblicher Kleidung.
Nachdem die Französische Revolution 1789 alle ständischen Unterschiede aufgehoben hatte, setzte sich der neu gewonnene Freiheitsgedanke allmählich auch im übrigen Europa durch. Dies übertrug sich auch auf das Tragen der Kleidung und mit Farben, Formen und Freude gestalteten die Bewohner der Täler ihre neue Tracht. Dabei wurde durchaus darauf geachtet, dass zur Unterstreichung des Talbewusstseins von den Besonderheiten der eigenen Tracht wenig in andere Talschaften übertragen wurde. „Die Tracht wurde zur Demonstration von Identität, sie fungiert als Zugehörigkeitsausweis und gilt noch heute als Identitätssignal nach außen.“
(Zitat aus: Einführung zur Vorarlberger Trachtenmappe von Dr. Paul Rachbauer)
Dieser und andere Artikel sind in Heft 79 der „Walserheimat“ zu finden.
von Obmann Alois Fritz
unsere Redaktion setzt sich immer wieder mit der Frage auseinander: Ist die Walserheimat modern und zeitgerecht? Ist das Erscheinungsbild ansprechend? Sind die Inhalte interessant und abwechslungsreich? Ein Ergebnis intensiver Gespräche zu diesem Thema ist die Änderung des Erscheinungsdatums und die der inhaltlichen Aufmachung. So wird künftig ein Chronik-Heft pro Jahr erscheinen. Redaktionsschluss ist das Ende des Kalenderjahres, sodass die Leserin und der Leser im Februar einen Rückblick über das vergangene Jahr erhält. Im zweiten Halbjahres-Heft soll als Schwerpunkt ein bestimmtes Thema wie z.B. Mundart, Heimat heute, Tourismus in den Walserorten, Vorwalserisches, Zukunft, Naturgewalten in Höhenlagen usw. aufgegriffen werden. Das erste Heft dieser Art halten Sie heute in den Händen und ich freue mich, dass es den Walser Trachten gewidmet ist.
Unsere Trachten gehören zum festen Bestandteil unserer Kultur. Ihre Vielfalt und stilvolle Ausstattung sind einzigartig und finden immer wieder Bewunderung und Anerkennung. Ihr Tragen ist etwas Feierliches und drückt die Wertschätzung der Heimat aus. Es unterstreicht die Bedeutung des jeweiligen Anlasses. Und so manches Was-zieh-ich-an-Problem zu feierlichen Anlässen lässt sich mit dem Tragen unserer Tracht hervorragend lösen.
Die Beiträge in diesem Heft mögen anregen, unsere wertvollen Trachten häufig zu tragen. Ein Anliegen ist mir auch, all jene anzusprechen, die in den letzten Jahrzehnten in unseren Dörfern Heimat gefunden haben. Auch sie sind eingeladen, unsere Tracht zu tragen.
Über diese wertvolle Ausgabe der Walserheimat freue ich mich. Ich bin unserem Redakteur und seinem Team für diese umfangreiche Arbeit dankbar. Allen Trachtenfreunden und -freundinnen wünsche ich eine interessante Lesestunde.
Dieser und andere Artikel sind in Heft 79 der „Walserheimat“ zu finden.
VON TIBURT FRITZ
Mitten im Mahdtal öffnet sich ein furchteinflößender, mehr als 15 m breiter Schlund, das Höllloch. Wer sich in diesen wasserführenden, dunkel gähnenden Schacht wagt, dem darf der Mut nicht fehlen. Im Jahre 1905 gelang es dem Jagdaufseher Hermann Paul erstmals, ca. 70 m in den senkrecht abfallenden Schacht bis auf den ersten größeren Absatz abzuseilen. Er informierte Pfarrer Längle und Kaplan Franz Xaver Lutz in Riezlern. Sie planten nun, im Jahre 1906 die Höhle näher zu erforschen.
VON HANS-GERT BRAUN
Der Name „Walser“ hat Geschichte und deshalb fragen sich viele, was er denn wohl mit ähnlichen Namen, z.B. den „Wallisern“ (im Wallis) und den „Walisern“ (in Wales) zu tun hat. Hier soll die Verwandtschaft dieser Namen ein wenig geklärt werden. Aber wenn man das tut, dann kann man vielleicht auch ein paar Namen in der weiteren Nachbarschaft einbeziehen, Namen wie „Walnuss“, „Wallach“, „Wallonen“, „Wallfahrt“, „Walross“, „Walküre“ etc. Das soll im Folgenden versucht werden; dabei ist aber sorgsam zu unterscheiden, wo Namen „verwandt“ oder wo nur „benachbart“ sind.
Im Rahmen des Projektes „Alpmuseum uf m Tannberg“ laufen zur Zeit am Institut für Botanik der Universität Innsbruck ausführliche Pollenanalysen an Sedimenten vom Körbersee, welche neue zusätzliche Informationen zur Vegetationsentwicklung und Besiedelungsgeschichte am Hochtannberg liefern sollen. Diese Untersuchungen stellen die Fortsetzung der palynologischen Analysen des Sedimentbohrkernes vom Kalbelesee (WALDE & OEGGL 2003) dar, die eine bis in die Bronzezeit zurückreichende Siedlungstätigkeit auf dem Tannberg belegen. Die Bearbeitung des neuen Bohrkerns aus dem Körbersee, der die Vegetationsentwicklung der letzten 10000 Jahre umfasst, soll einen Einblick in die Vegetations- und Siedlungsgeschichte des Tannberges geben, sowie den Beginn und die räumliche Ausdehnung der Siedlungstätigkeit auf dem Tannberg erfassen.
VON DR. NICO GOLDSCHEIDER
Was sind die größten Naturwunder des Kleinen Walsertales? Viele denken hier wohl zuerst an die Breitachklamm, das Hölloch oder den Gottesacker. Ein weiteres Naturwunder versteckt sich jedoch in den Schluchten des Schwarzwasserbachs und ist selbst vielen Einheimischen unbekannt, obwohl der Naturlehrpfad in nur etwa 30 m Entfernung daran vorbei führt. Die Rede ist von der Schwarzwasserhöhle (Lage siehe Abb. 1). Diese befindet sich im schluchtartigen Mittellauf des Schwarzwasserbachs, etwa 750 m talaufwärts der Park- und Sportplätze und 250 m talabwärts eines markanten, schönen Wasserfalls.
Am 10. Juni 2008 wurde im Walserhaus in Hirschegg die von Dr. Thomas Gayda und Stefan Heim konzipierte Ausstellung „Sonderfall Kleines Walsertal – Ein Tal im Umbruch – 1933 – 1938 – 1948“ eröffnet. Diese brisante Zeit stellte einige Weichen für den Tourismusort Kleinwalsertal.Die Gemeinde Mittelberg erlebte Ende der Zwanzigerjahre einen gewaltigen Aufschwung im Fremdenverkehr. Laut den Aufzeichnungen der Verkehrsämter waren es im Jahre 1923/24 insgesamt 3.211 Personen mit 29.200 Nächtigungen, 1929/30 aber bereits 9.935 Gäste mit 135.675 Übernachtungen.
Die Gemeinde Mittelberg und das Großdeutsche Reich
mit weiteren Beiträgen von Tiburt Fritz, Monika Bischof, Stefan Heim u.a.
Jubiläumsausgabe der Walserheimat
von Jodok Müller, Monika Bischof, Stefan Heim u.a.
Das Montafoner Bergbaumuseum Silbertal besteht seit 1996 und befindet sich im Gemeindeamt Silbertal. Das Museum präsentiert die Geschichte des Bergbaus im Montafon von den Anfängen bis zur Gegenwart. Im Mittelpunkt steht ein Schaustollen mit Berghunt und Bergmann. Urkunden, historische Fotos, traditionelles Werkzeug sowie zahlreiche Erzproben aus dem Schürfgebiet ergänzen die Sammlung. Die Montafoner Bergbaugeschichte reicht wahrscheinlich bis in prähistorische Zeiten zurück. Die im Jahr 2000 entdeckte bronzezeitliche Siedlung in Bartholomäberg-Friega dürfte jedenfalls in Zusammenhang mit einem vorgeschichtlichen Kupfererzbergbau zu sehen sein.
Das Churrätische Reichsurbar, ein Einkünfteverzeichnis des Bistums Chur, aus der Zeit um 843 gibt den ältesten bekannten Hinweis auf die Existenz eines mittelalterlichen Bergbaus im Montafon. Die Quelle nennt einen eigenen Eisenbezirk („ministerium ferraires“) mit acht Öfen („octo f ornaces“), der zweifellos in das Gebiet zwischen Bürs, Arlberg und Montafon (Bereich Bartholomäberg-Kristberg) zu lokalisieren ist. Es ist anzunehmen, dass man bald nach dem Eisenerzabbau auf reiche Silberadern stieß, die dann eine lebhafte Epoche des Bergbaus einleiteten. So berichtet eine Urkunde aus dem Jahre 1319 von einem Silberbergwerk. In ihr ist zu lesen, dass König Friedrich der Schöne (Habsburg) seinem Oheim Albrecht von Werdenberg (Bludenz) unter anderem erlaubte, „die Silbergruben oder der Berg genannt Muntafune“ seinem Bruder, dem Grafen Hugo, zu vermachen.
Foto: Montafon Archiv
1355 regelte eine Vertragsurkunde Besitzteilungen zwischen den „Silberern“ und den „Walsern“, jener Volksgruppe, die am Beginn des 14. Jahrhunderts vor allem in hohen Lagen Vorarlbergs siedelte und genauso wie die Silberer besondere Rechte und Freiheiten genoss. Sie besaßen ein eigenes Gericht unter einem Bergrichter, der im Spätmittelalter in Schruns residierte (im Gebäude des heutigen Montafoner Heimatmuseums). Während die Bergrichter die niedere Gerichtsbarkeit ausübten, stand die hohe Gerichtsbarkeit dem Grafen beziehungsweise seinem Vogte zu. Die kaiserlichen Bergwerksordnungen regelten die Befugnisse der Bergrichter, die Arbeitszeiten, die Verwaltung des Holzes für den Bergwerksbetrieb, die Einrichtung von Lehmgruben zur Verhüttung des Erzes und vieles mehr. 1448 wurden unter Erzherzog Sigismund die berühmt gewordenen Silbergruben am Falkenstein in Schwaz eröffnet. Dies führte auch im Montafon zu vermehrter Bergbautätigkeit. Die Entdeckung ergiebiger Silberadern am Kristberg leitete am Ausgang des Mittelalters eine letzte Blütezeit für den Bergbau im Montafon ein. In Bartholomäberg wurde jetzt auch Kupfer gewonnen, wie aus der Erwähnung einer „Kupferleite“ aus dem Jahre 1473 deutlich wird. Im Laufe des 16. Jahrhunderts geriet der Bergbau im Montafon in die Krise: Vor allem die Entdeckung Amerikas und der Import von großen Mengen Silber und Kupfer nach Europa (mit dem anschließenden Preisverfall) bereiteten dem Bergbau im Tale spätestens kurz nach 1600 ein Ende. Das Museum im Silbertal und die Schaubergwerke in Bartholomäberg erinnern somit an längst vergangene Zeiten.
Montafoner Bergbaumuseum Silbertal
Gemeindeamt
A-6780 Silbertal
Tel.: +43 5556 747-23
Bergbaumuseum Silbertal
Andreas Rudigier und Peter Strasser
Aus: Ein kleiner Führer durch das Montafoner Heimatmuseum Schruns. Schruns 2008. S. 43 f.
Literatur:
Rüdiger Krause, Archäologische Ausgrabungen im Montafon: Feuergruben, Alpwüstungen und Montanarchäologie in Bartholomäberg, Silbertal und in Gargellen, in: Jahresbericht der Montafoner Museen, des Heimatschutzvereins Montafon und des Montafon Archivs 2007. Schruns 2008, S. 1.418.
Emil Scheibenstock, Bergknappen. Stollen. Erze. Zur Geschichte des Bergbaues im Montafon. Bartholomäberg-Kristberg-Silbertal. Schruns 1996 (= Bludenzer Geschichtsblätter 31).
Peter Strasser, Die Rekonstruktion der Vergangenheit – Über zwei Ausstellungen der Montafoner Museen in Gaschurn und Silbertal, in: Bludenzer Geschichtsblätter 65 (2002), S. 63-67.
Josef Zurkirchen, Als unser Silber noch aus dem Montafon kam … Die Geschichte des Erzabbaus im Ländle, in: A. Rudigier u. P. Strasser (Hg.), Montafon. Beiträge zur Geschichte und Gegenwart. Schruns 1995 (= Festschrift für Frau Eleonore Schönborn zum 75. Geburtstag, Bludenzer Geschichtsblätter 24-26), S. 373-377
Der Natur auf der Spur
Die „Bergschau 1122“ (Meter Meereshöhe) in Hirschegg ist das etwas andere Museum. Eine Bergschau-Ausstellung, die Einheimische, Gäste, Jung und Alt gleichermaßen fasziniert und begeistert. Eine Erlebnisstätte, an welcher der Besucher das Kleinwalsertal mit allen Sinnen erfassen kann: „3D-Bilder sehen, typische Düfte riechen, besondere Gegenstände erfühlen und typische Geräusche hören.“
Ein Informationszentrum für volks-, heimat- und naturkundlich Interessierte, auch beliebter Treffpunkt von Personen, die mit Museen nichts am Hut haben. Die dargestellten Sachverhalte sind für jedermann gut verständlich, regen zu Aktivitäten an und machen neugierig.
Diese Ausstellung ist Teil eines grenzüberschreitenden naturkundlichen Informationssystems in der Region Kleinwalsertal – Oberstdorf. Im Gesamtkonzept mit Infopunkten und Wegen im Gelände bilden sie grundlegende Informationen zu Natur, Kultur und touristischen Infrastruktur. Weitere Bergschau-Infozentren befinden sich im Ortszentrum von Oberstdorf, am Eingang zur Breitachklamm und in der Bergstation der Fellhornbahn. Der im Eingangsbereich des Walserhauses stationierte Publikumsmagnet wurde vom Diplom-Geografen Thomas Dietmann aus Immenstadt konzipiert und ist frei und kostenlos zugänglich. Das Walserhaus ist das Veranstaltungszentrum des Kleinwalsertals, hier sind auch die Tourismuszentrale und das Schimuseum untergebracht.
Der Vorplatz des Walserhauses mit der Bergschau ist mit Steinplatten aus den verschiedenen geologischen Zonen des Tals gestaltet, im Eingangsbereich stößt der Besucher auf eine Steinstraße, ein im Boden eingebauter begehbarer Streifen mit bearbeiteten Natursteinen aus dem Tal, zum Beispiel Konglomerate aus der Arosazone im Bärgundtal oder Schrattenkalk aus dem Helvetikum im Ifengebiet. Hier kann der geologisch interessierte Besucher auch erfahren, warum der Widderstein ein Afrikaner und der Ifen ein Europäer ist. Der Ausstellungsraum wird begrenzt von mächtigen Wänden, Metallkörben, die mit Steinen aus allen geologischen Bereichen des Tals gefüllt sind. An den Glasaußenwänden zeigen grafisch gestaltete Darstellungen des Walser Künstlers Detlef Willand exemplarisch vier markante Stationen der Geschichte des Tals: Jäger aus der Steinzeit, Hirten, Walser Bauern und Touristen der Jetztzeit.
Beeindruckend sind eine Original-Feuerstelle und mehrere Original-Steinwerkzeuge aus der Mittelsteinzeit. Das steinzeitliche Jägerlager auf der Alpe Schneiderküren wurde vor 14 Jahren vom heimischen Künstler und Volkskundler Detlef Willand entdeckt und von der Universität Innsbruck erforscht und ausführlich dokumentiert. Geschichtlich Interessierte können die Broschüre „Der Felsüberhang auf der Schneiderkürenalpe, die ältesten menschlichen Spuren im Kleinwalsertal“ erwerben. Das Kleinwalsertal ist zu einer Drehscheibe der internationalen Steinzeitforschung geworden. Die Ausgrabung eines vorzeitlichen Jägerrastplatzes in der Parzelle Egg bei Riezlern und die sensationelle Entdeckung des ältesten Bergwerks in den Alpen2 bei Mittelberg sind glanzvolle Marksteine in der europäischen Ur- und Frühgeschichte.
Die Walser waren Spezialisten in der Bewirtschaftung von hoch gelegenen Weiden und Mähdern. Vom Prinzip „Zia ond Faara“, nach dem der Walser Bauer mit der Kuh dem Futter nachgeht und nicht umgekehrt, zeugen heute noch viele „Waidschtälle“, frei stehende, hauptsächlich im Frühling und Herbst benutzte landschaftstypische Walser Wirtschaftsgebäude. Auf einer Schautafel kann der Besucher den jahreszeitlichen Kreislauf nachvollziehen.
Am „interaktiven Landschaftsmodell“1 können auf einem Walsertal-Relief mittels Touch-Screen digital gesteuerte Informationen über Landschaft, Geologie, Eiszeiten, Klima und Wetter, Mensch und Natur, Tourismus und Ökologie abgerufen werden. Der Bergschaubesucher wird beispielsweise aufgeklärt, wo die letzte Eiszeit Spuren hinterlassen hat, wo Lawinenverbauungen Gebäude und Straßen schützen, wo der Erholungssuchende Schipisten, Loipen, Winterwanderwege und Lifte vorfindet, über welche Pässe die Walser ins Tal eingewandert sind oder wo schützenswerte Biotope zu finden sind.
Die landschaftliche Schönheit des Tales der Walser und die Schutzwürdigkeit dieser beeindruckenden Natur- und Kulturlandschaft bilden den Mittelpunkt der Bergschau. Im 3D-Film „Zauberwelt Hochifen-Gottesacker“ wird der Zuseher in eine der großartigsten Karstlandschaften der Alpen eingeführt, von der er immer wieder aufs Neue fasziniert sein wird.
Fotos: Thomas Dietmann und Karl Keßler
1 T. Dietmann, Die Bergschau, Ein naturkundliches Informationssystem
2 W. Leitner, Universität Innsbruck, Spuren zum ältesten Bergwerk in den Alpen
Weiterführende Informationen:
Thomas Dietmann, Bergschauflyer, erhältlich in den Bergschau-Infozentren
Thomas Dietmann, Die Bergschau, Ein naturkundliches Informationssystem, Hrsg. Verein zum Schutz der Bergwelt e.V., 2007
W. Leitner, Der Felsüberhang auf der Schneiderkürenalpe, 2003, Walserdruck, Riezlern
Das Alpinarium in Galtür erzählt seine eigene Geschichte in der Walserheimat 95:
Mich hat man so gar nicht gewollt. Bis ich dann wegen der Lawine hier entstehen sollte. Ich biete nun Schutz für alle Leute, die heute und auch morgen sich ruhig zum Schlafe legen wollen. Auch bin ich nun ein Ort, an dem sich Jung und Alt die Zeit nehmen, und alles, was sie hören, sehen und lesen, im Geiste mit nach Hause nehmen.
Ich stehe noch nicht lange an dieser Stelle. Wo ich erbaut wurde war vorher im Sommer eine blühende Wiese und im Winter lag hier von Spuren zertrampelter Schnee. In vergangener Zeit sind sicher schon einige Male Ausläufer von einer Lawine auf meinem Grund zum Stillstand gekommen und haben meine übliche blaue und weiße Blütenpracht im Frühling um einige Wochen verzögert.
Ab dem 23. Februar 1999 um 16:00 Uhr, als das Unglück seinen Anfang nahm, änderte sich alles auf meinem Grundstück und rings herum. Eine gewaltige Staublawine löste sich vom Grießkogel und raste über den Sonnenberg auf mich zu. Alles, was ihr im Wege stand, wurde niedergewalzt und zerstört. Aber als die schlimmsten Tage vorbei waren, wurde ich bereits in den Gedanken einiger Köpfe geboren. Besonders einem verdanke ich meine Existenz und das ist Anton Mattle, damals Bürgermeister und Krisenmanager von Galtür. Heute ist er zusätzlich noch Tiroler Landtagsabgeordneter und Landtagsvizepräsident.
Schon bald wurde ich in den ersten Federstrichen skizziert und gezeichnet, bis mein aktuelles Aussehen fixiert wurde. Stolz stehe ich heute da und werde mit neugierigen Blicken bewundert. Besonders mein Innenleben kann sich sehen lassen. In meinem Untergeschoss bin ich die Heimat von verschiedenen Fahrzeugen. Am östlichen Ende hat die Freiwillige Feuerwehr Galtür ein großzügiges Zuhause gefunden. Die Bergrettung beheimate ich ebenso wie die Landjugend Galtür, den Skiclub und eine Garage für den Skilift. Dann reiht sich wohl der schönste Teil von mir, das Alpinarium Galtür, an.
Mit den Ausstellungen „Galtür unter einem Dach“ bis 2004, „Die Lawine“ 2004/2005 und der Landesausstellung „Die Mauer – Leben am Berg“ durfte ich schon über 400.000 Besucher begrüßen und ihnen zeigen, wie es sich damals zugetragen hat und Einblick in die Geschichte von Galtür geben. Auch vielen heimischen Künstlern habe ich für ihre Ausstellungen Raum geboten. Erst kürzlich, am 22. Jänner 2014, wurde in meinen Räumen die neue Ausstellung „Ganz oben“ feierlich eröffnet und eingeweiht.
Was ist „Ganz oben“, werden sich viele, die diese Zeilen lesen, fragen. Komm einfach einmal bei mir vorbei und du wirst mit Sicherheit überrascht sein. Von uralten Bildern und Texten bis zum heutigen Tag, alles ist an meinen spiegelnden Wänden zu lesen und zu bestaunen. Auch das Unglück von damals kann in einem Film angeschaut werden. Die eine oder andere Ausstellung von Künstlern werde ich sicher auch wieder in meinen Räumen begrüßen.
Im „Enziansaal“ im Obergeschoss biete ich Raum für Versammlungen, Schulungen und Kongresse. Eine Bibliothek ist seit neuestem auch in meinem Innenleben zu Hause. Auch für Speis und Trank wird in mir gesorgt. Im Café „Gefrorenes Wasser“ habe ich schon manche durstige Seele oder manchen hungrigen Magen zufrieden gestellt. Jung und Alt sind glücklich, wenn sie ihre Kletterkünste an meiner Indoor Boulderwand zeigen können. Von der Terrasse vom Café gelangt der Besucher auf das Aussichtspodium auf dem Dach des Alpinariums. Auf meiner Rückseite ist eine aus Natursteinen erbaute Kletterwand, an der sich schon viele Kletterbegeisterte ausgetobt haben.
Aber als Gesamtes gesehen bin ich eine Schutzmauer und für die Lawinensicherheit für die Menschen und die Objekte in den Ortsteilen Winkl und Frühmeßgut sowie Kirchegg zuständig. Denn ich bin in die Mauer integriert, die vom Ortsteil Platz bis zum Haus Elisabeth zirka 340 Meter lang und bis zu 19 Meter hoch ist. Geplant wurde ich vom Architekten Falch und dem Gemeinderat von Galtür. Vielen Dank möchte ich dem Obmann vom Alpinarium Toni Mattle und seinem engsten Mitarbeiter Ing. Helmut Pöll mit ihren Mitarbeitern sagen, die eigentlich für mein reges Leben jahrein und jahraus verantwortlich sind.
Meine technischen Daten will ich nicht vorenthalten: Ich stehe auf einer Fläche von 2.557 m², habe eine Gesamtnutzfläche von 5.075 m² und bin 135 Meter lang und 19 Meter tief. Insgesamt habe ich einen umbauten Raum von 20.618 m³. 7.500 m³ Beton wurden verarbeitet, bis ich fertig gestellt war. Allein die Bodenplatte, die eine Stärke von 70 Zentimeter hat, benötigte 2.500 m³. Meine Rückwand ist 50 Zentimeter stark und wurde noch mit einer Kletterwand aus Natursteinen verschönert.
Das ist die Geschichte von mir, dem Alpinarium in Galtür, und ich würde mich freuen, wenn ich den einen oder anderen Leser dieser Zeilen einmal in mir begrüßen dürfte.
P.S.: Übrigens wurde mir 2008 das österreichische Museumsgütesiegel verliehen und schon ein Jahr davor wurde ich mit dem European Museum Award ausgezeichnet.
Dieser Artikel ist in Heft 95 der „Walserheimat“ zu finden.
Der Hochtannberg als Übergang vom hinteren Bregenzerwald ins Lechtal und Arlberggebiet liegt abseits der bekannten Alpendurchquerungen und scheint daher relativ spät besiedelt worden zu sein.
Die ersten urkundlichen Erwähnungen aus dem 14. Jahrhundert belegen die Siedlungsgründung von Schröcken, Lech und Damüls durch die Walser (Ilg 1985). Im Rahmen des Projektes „Alpmuseum uf m Tannberg“, das sich mit der Erhaltung der ursprünglichen Kulturlandschaft und des Lebensraumes am Tannberg befasst, soll die Siedlungsgeschichte dieses Gebietes detailliert erforscht werden. Dendrochronologische Untersuchungen an Holzbalken der ältesten Alpgebäude „uf m Büel“ und „Batzen“ sollen zusätzliche unabhängige Daten zur Bau- und damit auch zur Besiedlungsgeschichte in historischer Zeit liefern, und auf diese Weise die schriftlichen Überlieferungen ergänzen. Die Siedlungsentwicklung vor dem Mittelalter hingegen ist nur unzulänglich bekannt. Mesolithische Silexabschläge, die Funde einer jungsteinzeitlichen Lochaxt bei Schröcken (Vonbank 1978), eines bronzezeitlichen Randleistenbeils bei Lech und zweier urnenfelderzeitlicher Lappenbeile bei Oberstdorf (Uslar 1991) und einer mittelalterlichen Lanzenspitze vom Kalbelesee belegen zwar die zeitweilige Begehung des Gebietes durch den Menschen seit der Mittelsteinzeit, aber prähistorische Siedlungsspuren in Form von Gebäudestrukturen konnten bisher noch nicht entdeckt werden. In Ermangelung derartiger historischer Quellen soll die pollenanalytische Untersuchung der Sedimente des Kalbelesees (Abbildung 1) beitragen Hinweise auf die frühere Besiedlung des Tannberggebietes zu erbringen.
Der Kalbelesee liegt in der Gemeinde Warth auf 1650 m Meereshöhe (Abbildung 1). Das Sedimentationsbecken gliedert sich in zwei Wannen und ist gegen Westen Richtung Schröcken durch einen Geländeriegel vom Haupttal abgetrennt. Der See hat eine Länge von 340 m und eine Breite von 130 m mit einer freien Wasserfläche von 2,4 ha. Die maximale Wassertiefe mit 4 m wird im westlichen Teil erreicht, im Ostbecken beträgt sie nur 2,4 m (Gnaiger 1993). Der See wird von mehreren Bächen und einer unterirdischen Quelle gespeist. Am Nordufer des Ostbeckens besteht ein überfallartiges Abflussgerinne, das in die Bregenzer Ache entwässert.
Der See liegt im Gebiet des Krummholzes und der Lärchen-Zirbenwälder (Gams 1932). Ein Streifen aus Teichschachtelhalm (Equisetum fluviatile) und Seggen (Carex sp.) teilt den Kalbelesee im Sommer in einen kleineren Ostteil und einen größeren westlichen Bereich. Die Wasservegetation (Kossinna & Fliri 1961; Amann 1970; Gnaiger 2000) besteht hauptsächlich aus Langblättrigem Laichkraut (Potamogeton praelongus), Großem Schönmoos (Calliergon giganteum) und Armleuchteralgen (Chara sp.). Um den See gedeihen heute ausgedehnte Wiesen, die beweidet werden. Am vom Salobersattel abfallenden Nordhang stockt ein lichter Zirbenwald, der aus einer Aufforstung am Beginn des letzten Jahrhunderts hervorgegangen ist, mit Alpenrosengebüsch (Rhododendron hirsutum) im Unterwuchs. Die potentielle Waldgrenze liegt bei 1900 – 2000 m, die aktuelle Waldgrenze ist im Zuge anthropogener Eingriffe zur Gewinnung von Weideflächen um 300 m gegenüber der potentiellen abgesenkt.
Das Klima ist mitteleuropäisch, ozeanisch getönt mit schneereichen, relativ milden Wintern und niederschlagsreichen Sommern. Im nahe gelegenen Warth werden die geringsten durchschnittlichen monatlichen Niederschlagssummen im März und Dezember registriert. Die höchsten Niederschläge mit mehr als 200 mm gehen in den Sommermonaten von Juni bis August nieder. Die durchschnittliche Schneedeckendauer beträgt 179 Tage im Jahr. Für eine Temperaturabschätzung im Bereich des 400 m höher liegenden Kalbelesees stehen die Werte aus Schröcken zur Verfügung. Dort liegen die mittleren Julimaxima bei 27,4° und die -minima bei 4,4°C (Fliri 1975).
In der Erforschung der Entstehung der Kulturlandschaft stößt man rasch an die Grenzen der historischen Quellen. Mündliche und schriftliche Überlieferungen reichen in den seltensten Fällen über das Mittelalter hinaus. Für frühere Zeiten liefern manche Gemälde noch brauchbare Hinweise. Aber auch die Auswertung derartiger ikonografischer Quellen erreicht meist in der Klassischen Antike ihre Grenzen. Dann können nur noch indirekte Methoden helfen, die vergangene Umwelt zu rekonstruieren. Die Methode der Wahl stellt dabei die Pollenanalyse dar. Die Pollenanalyse beschäftigt sich mit der Rekonstruktion vergangener Vegetationsverhältnisse mit Hilfe von Blütenstaub, der in See und Moorablagerungen eingeschlossen ist.
Viele bestandesbildende Pflanzenarten im Wald und auf der Wiese verbreiten ihren Blütenstaub durch den Wind. Nur ein geringer Anteil dieses windverfrachteten Blütenstaubs trifft auf die Narbe und führt eine Bestäubung durch. Der Großteil dieses Pollens wird auf der Erdoberfläche abgelagert, wo er innerhalb weniger Wochen zersetzt wird. Gelangt der Blütenstaub aber auf die Oberfläche von Seen und Mooren, wird er in das Sediment oder im Torf eingebettet und erhält sich über Jahrtausende (Abbildung 2). Damit sind in See- und Moorablagerung wichtige Informationen über die vergangene Vegetation gespeichert, denn die Zusammensetzung des Pollens in den Ablagerungen steht in direktem Zusammenhang mit der Vegetation, die diese Pollen verbreitet hat. Anhand der Pollenzusammensetzung von Seesedimenten kann die Vegetationsveränderung in einem definierten Gebiet über mehrere Jahrtausend hinweg beobachtet werden.
Ursachen für Vegetationsveränderungen werden mittels sogenannten Zeigerarten registriert. So lässt sich der Einfluss des Menschen auf die Vegetation mittels Siedlungs- oder Kulturzeiger nachweisen. Zu den Siedlungszeigern zählen Pollen von Pflanzen, die unter dem Einfluss des Menschen vermehrt auftreten wie der Spitzwegerich (Plantago lanceolata-Typ), der große Wegerich (Plantago major-Typ), der Mittlere Wegerich (Plantago media), Ampferarten (Rumex-Typ), ebenso stickstoffliebende Pflanzen wie Brennnesselgewächse (Urticaceae), Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae-Typ) oder Beifuss (Artemisia), die gedüngte Böden wie Viehweiden, Äcker und Brachflächen anzeigen (Iversen 1941; Behre 1981). Großen Indikatorwert besitzt der Spitzwegerich (Plantago lanceolata), eine lichtbedürftige Art, die nur dann aufkommt, wenn die Krone des Waldes offen ist (Behre1981). Der Spitzwegerich (Plantago lanceolata) produziert viele Pollen, die durch den Wind verbreitet werden. Ampferarten (Rumex-Typ) kommen vor allem auf Ruderalstandorten oder auf landwirtschaftlich genutzten Flächen vor. All diese Arten sind natürliche Bestandteile der heimischen Flora, hingegen werden Kulturzeiger ausschließlich vom Menschen verbreitet, in das Gebiet eingeschleppt und angebaut. Die häufigsten Kulturzeiger sind Pollen von Getreide (Cerealia), Roggen (Secale) sowie Edelkastanie (Castanea sativa) und Walnuss (Juglans). Ihr Auftreten im Pollendiagramm weist signifikant die Anwesenheit des Menschen nach. Zudem zeigen einige Pollen dieser anthropogenen Zeigerpflanzen eine eingeschränkte Transportfähigkeit auf und können daher nur wenige Kilometer von den Siedlungsflächen entfernt nachgewiesen werden (Behre & Kucan 1986). Damit ist es möglich mit Hilfe der Pollenanalyse auch die Lage von prähistorischen Siedlungen zu ermitteln.
Aber auch die chronologische Abfolge der Pollentypen im Profil zeigt die Art und Weise des menschlichen Eingriffs in die natürliche Vegetation auf (Iversen 1941, 1949, 1969; Behre 1981). Eine Rodung ist verbunden mit dem Rückgang der Baumarten und die Pollen krautiger Pflanzen steigen deutlich an. In einer zweiten Phase treten Getreide und lichtliebende Pioniergehölze wie Birke (Betula) und Hasel (Corylus avellana) auf. Auf den unbeschatteten und offenen Flächen breiten sich die Gräser (Gramineae) und der Spitzwegerich (Plantago lanceolata-Typ) aus. Bleibt der menschliche Einfluss aus, gehen die Kultur- und Siedlungszeiger zurück. Am Ende einer Siedlungsphase breiten sich wieder die Baumarten aus und schließen die Lichtung.
Diese Methode gelangt auch an den Sedimenten des Kalbelesees zur Anwendung. Zuvor musste aber noch ein Sedimentkern geborgen werden. Dazu wurde im Frühjahr 2002 mit einem Merkt-Streiff Kernbohrgerät in der östlichen Verlandungszone des Kalbelesees eine Bohrung bis auf 6 m Tiefe niedergebracht (Abbildung 1). Die Bohrkerne wurden anschließend im Institut für Botanik tiefgefroren und bis zur chemischen Aufbereitung gelagert. Die chemische Aufbereitung der Proben wurde am Institut für Botanik der Universität Innsbruck nach einer standardisierten Methode vorgenommen (Seiwald 1980). Die Pollenpräparate wurden mikroskopisch ausgezählt und die Ergebnisse mit dem am Institut für Botanik entwickelten Computerprogramm Fagus 4 in Form von Schattenrissdiagrammen dargestellt. Zur Berechnung des Relativdiagrammes sind Sporen, Holzkohlepartikel und Sauergräser (Cyperaceae) aus der 100%-Summe ausgeschlossen. Ihre Werte sind auf die Gesamtsumme bezogen dargestellt. Im Pollenprofil (Abbildung 3) ist auf der y-Achse die Tiefe und auf der x-Achse die Häufigkeit der einzelnen Pollen abzulesen. Von links nach rechts werden die Baumpollen, dann das Hauptdiagramm, die Nichtbaumpollen (Kräuter), die Einzelfunde und anschließend die Sporen und Holzkohlenpartikel dargestellt. Die dunkel unterlegten Flächen stellen die Prozentwerte, die weißen Flächen die Promillewerte dar. Im Hauptdiagramm in der Mitte sind die wichtigsten Baumpollen links und die Gräser rechts aufgetragen. Die durchgehende Linie zeigt das Verhältnis Baumpollen (links) zu den Nichtbaumpollen (rechts) auf.
Zur besseren Lesbarkeit und zum Vergleich mit Pollendiagrammen aus benachbarten Gebieten, wird das Pollenprofil in Zonen eingeteilt. Eine solche Zone ist durch die dominant vorkommenden Pollen und Sporen definiert, ohne sich an Klima, Vegetation oder Sediment anzulehnen. Sie wird als „lokale Pollenansammlungszone lpaz“ (Hedberg 1972a,b) bezeichnet (Tabelle 1). Nach ersten Orientierungsanalysen sind Proben zur Radiokarbondatierung gezogen worden. Die Datierungen wurden am Institut für Radiumforschung und Kernphysik der Universität Wien durchgeführt. Einige Daten (VERA-2444, VERA-2572 und VERA-2573) sind im Vergleich zur Pollenstratigrafie angrenzender Pollenprofile (Grosse-Brauckmann 2002) und zu den übrigen Daten aus dem Kalbelesee zu alt, weshalb sie nicht berücksichtigt werden. Die auf die beiden 14C-Daten aufbauende chronostratigrafische Gliederung erfolgt nach den Vorschlägen von Mangerud et al. (1974).
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Tabelle 1. Die lokalen Pollenansammlungszonen (lpaz) des Pollenprofils Kalbelesee. |
Überraschenderweise erfasst die 6 m mächtige Sedimentsäule aus dem Kalbelesee nur die Vegetationsentwicklung der letzten 3000 Jahre. Die Vegetationsentwicklung beginnt mit einer Erlen-Fichten-Buchen-Zone (lpaz K-1, Abbildung 3). Der See liegt demnach knapp oberhalb der Waldgrenze, die von der Fichte (Picea) gebildet wird. Pollen der Buche (Fagus) und der Hasel (Corylus avellana) stammen aus tieferen Lagen. Dort bildet die Buche (Fagus) gemeinsam mit der Fichte (Picea) und der Tanne (Abies) einen Bergmischwald, der bis auf 1400 m Seehöhe reicht. Darüber folgen bis auf ca. 1600 m geschlossene Fichtenwälder, die sich anschließend auflichten und in ca. 1900 m in die alpinen Grasheiden übergehen. Am Ufer des Sees und entlang der Bachläufe wachsen Erlen (Alnus) und Birken (Betula). Die Gräser (Gramineae) besitzen mit bis zu 15 % einen beachtlichen Anteil an der Pollensumme und zeigen den aufgelockerten Bestand und lichtoffenen Charakter des Fichtenwaldes an. Bereits in dieser Zone treten Siedlungszeiger auf. Brennnesselgewächse (Urticaceae), Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae-Typ), Beifuss (Artemisia), Mittlerer Wegerich (Plantago media), Spitzwegerich (Plantago lanceolata-Typ) und Ampfer (Rumex-Typ) deuten auf eine Weidenutzung der lichten Waldflächen hin.
An der Grenze zur Fichten-Hahnenfußgewächse-Zone (lpaz K-2, Abbildung 3) fallen die Werte der Erle (Alnus) ab und die Fichte (Picea) nimmt vorerst zu. Offensichtlich werden die Erlen (Alnus) im Bereich des Sees geschlägert, wodurch sich der Fichtenpollen (Picea) im Pollenspektrum stärker manifestieren kann. Anschließend nimmt aber die Fichte (Picea) wieder ab, was für Rodungen im Waldgrenzbereich in unmittelbarer Umgebung des Sees spricht, denn in diesem Abschnitt nehmen die Siedlungszeiger, der mittlere Wegerich (Plantago media), der Spitzwegerich (Plantago lanceolata-Typ) und vor allem der Ampfer (Rumex-Typ) zu. Auch Kulturzeiger wie Getreide (Cerealia) und Roggen (Secale) sind nun stetig nachgewiesen. Ein Radiokarbondatum am Beginn der Pollenzone stellt diese erste lokale Siedlungsphase an den Übergang von der Bronzezeit zur Eisenzeit. Aufgrund der deutlichen Zunahme der Weide- und Siedlungszeiger in dieser Zone muss mit einer extensiven Weidenutzung der Rodungsflächen gerechnet werden.
Am Übergang zur Fichten-Zungenblütler-Zone (lpaz K-3, Abbildung 3) nimmt der menschliche Einfluss ab, ohne jedoch unterbrochen zu werden. Aufgrund der Interpolation der beiden Radiokarbondaten erfolgt dieser Rückgang noch in der Eisenzeit. Durch den geringeren menschlichen Eingriff, sprich Weidenutzung, kann sich die Fichte (Picea) wieder etwas ausbreiten. Jedoch bereits in der Römerzeit (ab 440 cm Tiefe) nimmt die Weidetätigkeit um den Kalbelesee wieder zu, und die Fichte (Picea) wird erneut geschlägert. Erst am oberen Ende dieser Zone nimmt die Weideintensität ab, und die Fichte (Picea) breitet sich wieder aus. Die Wiesenzeiger (Glockenblumengewächse, Schmetterlingsblütler, Hornklee, Storchschnabel, Rosengewächse) nehmen zwar ab, aber die Siedlungszeiger (Spitzwegerich, Brennnesselgewächse, Ampfer) lassen auf ein Fortbestehen der Siedlungsaktivität, wenn auch in geringerem Ausmaß, im Tannberggebiet schließen.
Die Ausbreitung der lokalen Gehölze Fichte (Picea), Kiefer (Pinus) und Erle (Alnus) setzt sich in der Fichten-Kiefern-Hahnenfußgewächse-Zone (lpaz K-4, Abbildung 3) fort. Nichtsdestotrotz zeugen die konstanten Werte von Spitzwegerich (Plantago lanceolata-Typ), Ampfer (Rumex-Typ), Gänsefußgewächsen (Chenopodiaceae-Typ) und Brennnesselgewächsen (Urticaceae) von dem intensiven Weidebetrieb. Der Ampfer (Rumex-Typ) erreicht am Beginn dieser Zone sehr hohe Werte und weist auf ausgedehnte Bestände des Alpensauerampfers hin. Der Alpensauerampfer (Rumex alpinus) gedeiht bestens auf sehr nährstoff- und stickstoffreichen frischhumosen Lehmböden in der Nähe von Alm- und Sennhütten, wie es noch heute im Gebiet zu beobachten ist. Eine zusätzliche Förderung dieser Art durch den Menschen ist nicht auszuschließen, wurde der Alpenampfer doch als wertvolle Futterpflanze für Schweine kultiviert. Aber der Mensch nutzte auch den Sauerampfer als Nahrungsmittel wie Spinat oder gesotten und vergoren wie Sauerkraut (Hegi 1931, Zinsli 1991).
Neben diesen Siedlungszeigern treten auch Kulturzeiger wie Walnuss (Juglans) und Getreide (Cerealia, Secale) auf. Die Walnuss konnte mit Sicherheit auf diesen Höhenlagen nicht gedeihen und weist daher auf Ferntransport aus tieferen Lagen hin. Fernflug von Getreidepollen kann ebenfalls nicht ausgeschlossen werden, aber das gemeinsame Auftreten mit Pollen der Kornblume (Centaurea cyanus) legt lokalen Getreideanbau nahe. Die Kornblume (Centaurea cyanus) besitzt große Pollenkörner und wird durch Insekten bestäubt. Deshalb gelangen die schweren Pollenkörner dieses Getreideunkrautes nur in der unmittelbaren Nähe des Ackers zur Ablagerung (Behre & Kucan 1986), daher stammen die nachgewiesenen Pollen der Kornblume (Centaurea cyanus) aus dem hydrologischen Einzugsgebiet des Kalbelesees. Unter den Getreidepollen befindet sich auch stetig Roggen (Secale), der als Sommergetreide in den Alpen bis in jüngste Zeit auch in Höhenlagen nahe der Waldgrenze angebaut wurde. Das gemeinsame Vorkommen von Roggen (470, 410, 390 und 200 cm Tiefe) mit der Kornblume legt ein schweres Gewicht auf einen kleinflächigen, lokalen Getreideanbau auf dem Hochtannberg von der Eisenzeit bis ins Mittelalter.
Auch in der obersten Zone, der Fichten-Kiefern-Zungenblütler-Zone (lpaz K-5, Abbildung 3) setzt sich die Ausbreitung der Fichte (Picea) bis in die jüngsten Schichten fort. Dort fällt die Fichte ab und die Kiefern nehmen zu, damit spiegeln sich die heutigen Vegetations- und Nutzungsverhältnisse im Pollendiagramm des Kalbelesees wieder.
Zusätzlich zu den Pollen wurden auch Holzkohlenpartikel (Abbildung 3) in den Pollenpräparaten ausgezählt. Diese Holzkohlenpartikel stammen von Feuern aus dem Umkreis des Sees. Die durchgeführten Analysen liefern Hinweise auf lokale Feuer, die sowohl natürlich entfacht als auch durch den Menschen gelegt worden sein können. Aus der Teilchengröße und ihrer Häufigkeit in den einzelnen Schichten kann auf die Lage und Größe der Feuer geschlossen werden (Clark 1988).
Auffällig im Pollendiagramm des Kalbelesees ist die Zunahme der Holzkohlen am Ende der Urnenfelderzeit, wo sich die lokale Siedlungstätigkeit des Menschen um den Kalbelesee erstmals deutlich abzeichnet (lpaz K2, Abbildung 3). Die geringen Werte der Baumarten und die hohen Anteile der Weidezeiger weisen auf eine offene Landschaft mit extensiver Weidewirtschaft hin. Die Teilchengröße der gleichzeitig auftretenden Holzkohlen von mehr als hundert Mikrometern belegt lokale Feuer. Nachdem das Einzugsgebiet um den Kalbelesee zu dieser Zeit fast baumfrei war, stellt sich die Frage: Was hat gebrannt? Obwohl die Baumpollenwerte in dieser Zone, lpaz K2, so gering sind, ist das Einzugsgebiet des Kalbelesees nicht völlig frei von Gehölzen. Im Zuge der Beweidung entwickelt sich ein Gebüsch von bodenständigen Sträuchern, die vom Vieh nicht gefressen werden. Es sind dies vor allem Wacholder (Juniperus communis) und Alpenrose (Rhododendron hirsutum), die als Weideunkräuter im Laufe der Zeit überhand nehmen und den Grasbewuchs eindämmen. Zur Verbesserung der Weide und des Graswuchses müssen diese Weideunkräuter von Zeit zu Zeit entfernt werden. Dies geschieht entweder durch Ausreißen der Sträucher durch den Hirten oder durch wiederholtes Brennen, auch Schwenden bezeichnet. Letztere Brandrodung kann auch für das Tannberggebiet mittels der Pollenanalysen seit der Eisenzeit nachgewiesen werden, denn Feuer führt zu Veränderungen der Vegetation. So reagieren einzelne Pflanzen positiv auf Feuer, indem sie nach dem Feuer bessere Keim- und Wuchsbedingungen vorfinden. Der Adlerfarn (Pteridium aquilinum) und das Heidekraut (Calluna vulgaris, Abbildung 4) sind gut an das Feuer angepasst und ihr zahlreiches Vorkommen hängt mit dem Auftreten von häufigen Feuern zusammen (Tinner et al. 2000). Brand fördert bei beiden Pflanzen die Keimung. Werden Samen von Heidekraut eine Minute lang Temperaturen von 40 – 60°C ausgesetzt, so wird ihre Keimung begünstigt. Zudem zeigt das Heidekraut (Calluna vulgaris) eine optimale Verjüngung bei regelmäßigem Brand im Herbst in einem Intervall von 6 – 10 Jahren (Pott & Hüppe 1991). Die Jungtriebe des Heidekrauts werden im Gegensatz zu den mehrjährigen vom Vieh gerne gefressen, und außerdem blüht die Heide in den Folgejahren stärker (Iversen 1969, Lang 1994). Durch die erhöhte Blühintensität gelangen mehr Pollenkörner dieser überwiegend durch Insekten bestäubten Art in den Seesedimenten zur Ablagerung. Auf diese Weise kann aber auch überprüft werden, ob eine Verbindung zwischen der Brandaktivität und dem Blühverhalten von Heidekraut besteht. Tatsächlich bestätigt die Korrelationsanalyse einen direkten Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Feuerzeigern, also Pflanzen die von regelmäßigem Feuer profitieren, und Holzkohlenteilchen, die Feuer im Einzugsgebiet des Kalbelesees anzeigen (Abbildung 5a). Der Umstand, dass gemeinsam mit den Feuerzeigern und Holzkohlenteilchen immer Siedlungszeiger auftreten (Abbildung 5b), weist darauf hin, dass die Brände vom Menschen, in der Absicht die Weideflächen vom Gebüsch zu roden, gelegt wurden.
Die Pollenanalysen vom Kalbelesee liefern erste Daten zur frühen Besiedlungsgeschichte auf dem Tannberg. Ab der Bronzezeit nützt der Mensch die Grünflächen um den See zur Beweidung in unterschiedlicher Intensität. Der frühe anthropogene Eingriff steht im Einklang mit Pollenanalysen aus dem Oberinntal (Kral 1979; Oeggl, unpubl. Manuskript; Walde, unpubl. Daten). Dabei wirkt sich die Siedlungstätigkeit nicht nur in einer Veränderung der Vegetation in den Tallagen aus, sondern erfasst bereits die Region an und über der Waldgrenze. So konnte auf der Komperdellalpe oberhalb von Serfaus eine Absenkung der Waldgrenze im Zuge von Weideaktivität ab der Bronzezeit nachgewiesen werden (Wahlmüller 2002). Dagegen sind die Spuren menschlicher Aktivität im Bereich des Tannberggebietes während der Bronzezeit noch moderat. Dennoch belegen die Werte der Wiesen- und Siedlungszeiger einen lokalen Weidebetrieb. Am Übergang zur Eisenzeit setzt dann ein intensiver menschlicher Einfluss am Hochtannberg ein, der durch das starke Auftreten der Siedlungs-, Kultur- und Wiesenzeiger repräsentiert wird. Um ca. 900-800 v. Chr. kommt es zu großflächigen menschlichen Eingriffen rund um den Kalbelesee. Die neugeschaffenen Rodungsflächen werden intensiv für Weidezwecke genutzt. Von nun an wird das Gebiet auf dem Hochtannberg kontinuierlich durch den Menschen genutzt. Eine derartige eisenzeitliche Weidenutzung dieser Höhenlagen ist sowohl aus dem Oberen Inntal bei Serfaus (Wahlmüller 2002) als auch aus dem unmittelbar angrenzenden Kleinen Walsertal bekannt (Grosse-Brauckmann 2002).
Die Beweidungsintensität nimmt am Ende der Eisenzeit ab. Auch während der Römerzeit weisen die niedrigen Werte der Siedlungszeiger und höhere Baumpollenwerte auf eine geringere, aber ununterbrochene Siedlungstätigkeit am Hochtannberg hin. Dieser Rückgang des menschlichen Einflusses scheint ein regionales Ausmaß zu besitzen, denn er kann ebenfalls im Oberinntal ab dem Ende der Eisenzeit (Wahlmüller 2002; Walde, unpubl. Daten) nachgewiesen werden.
Im Mittelalter macht sich wieder eine Intensivierung der Siedlungsaktivitäten um den Kalbelesee bemerkbar. Zwar breiten sich die lokalen Gehölze Erle (Alnus), Fichte (Picea) und Kiefer (Pinus) wieder aus, trotzdem bestätigt die deutliche Zunahme der Siedlungszeiger die Präsenz den Menschen. Offenbar wird das Gebiet um den See zwar kleinräumiger, aber dafür intensiver beweidet. Dies äußert sich im Pollendiagramm in der deutlichen Zunahme des Ampfers (Rumex-Typ) und Spitzwegerichs (Plantago lanceolata-Typ). Der Beginn dieser Entwicklung ist durch ein Radiokarbondatum auf 700 n. Chr. datiert. Eine genaue Datierung des maximalen Ausmaßes dieser Vegetationsveränderungen steht noch aus, aber aufgrund von Extrapolation der Sedimentationsrate basierend auf den beiden vorhandenen 14C-Daten fällt diese Entwicklung mit der Zuwanderung der Walser in das Tannberggebiet zusammen.
Dank: Die Autoren danken Herrn Univ. Prof. Dr. Erich Gnaiger, Universität Innsbruck, der sie auf diese interessante Fragestellung aufmerksam gemacht hat. Weiters gilt der Dank Herrn Dr. Georg Friebe, inatura – Erlebnis Naturschau Vorarlberg, und der Vorarlberger Naturschau, die diese Untersuchungen durch die finanzielle Unterstützung erst möglich gemacht haben.
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Eine Untersuchung des Sprachguts der Gemeinde Fontanella
Diplomarbeit für das Studium der Germanistik, von Daniela Beck
mit Beiträgen von Tiburt Fritz, Klaus Pfeifer, Hannes Kautzky, Prof. Klaus Oeggl, Carolina Walde u.a.
mit Beiträgen von Alois Fritz, Tiburt Fritz, Josef Eberle, Karl Fritsche u.a.
mit weiteren Beiträgen von Alois Fritz, Tiburt Fritz, Amanda Nesensohn, Patrick Burtscher, Christiane Kegele u.a.
mit weiteren Beiträgen von Alois Fritz, Tiburt Fritz, Amanda Nesensohn, Patrick Burtscher, Christiane Kegele u.a.
mit weiteren Beiträgen von Alois Fritz, Tiburt Fritz, Amanda Nesensohn, Patrick Burtscher, Christiane Kegele u.a.
mit weiteren Beiträgen von Alois Fritz, Tiburt Fritz, Amanda Nesensohn, Elisabeth Burtscher, Eliane Fritz, Gernot Ganahl u.a.
mit weiteren Beiträgen von Alois Fritz, Tiburt Fritz, Petra Walser, Bruno Bischof, Renate Ganahl u.a.
mit weiteren Beiträgen von Alois Fritz, Tiburt Fritz, Alexandra Robl, Caroline Walde, Prof. Klaus Oeggl, Petra Walser, Leo Walser u.a.
mit weiteren Beiträgen von Elisabeth Burtscher, Georg Juen, Dr. Nico Goldscheider, Karl Fritsche, Erich Schallert
mit weiteren Beiträgen von Alois Fritz, Tiburt Fritz, Eliane Fritz, Alexandra Robl,Caroline Walde, Prof. Klaus Oeggl u.a.
mit weiteren Beiträgen von Tiburt Fritz, Josef Eberle, Hans-Gert Braun, Alfred Rieder, Hans Netzer
mit weiteren Beiträgen von Alois Fritz, Josef Eberle, Barbara Fritz, Gebhard Fritz, Petra Walser, Hans Netzer u.a.
mit weiteren Beiträgen von Alois Fritz, Tiburt Fritz, Josef Eberle, Barbara Fritz, Werner Vogt, Robert Amann, Dietmar Nigsch u.a.
mit weiteren Beiträgen von Alois Fritz, Tiburt Fritz, Josef Eberle, Harald Hronek, Ludwig Seeger, Dietmar Nigsch, Elisabeth Burtscher, Gebhard Fritz, Werner Rinderer u.a.
mit Beiträgen von Alois Fritz, Franz Rüdisser, Tiburt Fritz, Elisabeth Burtscher
mit weiteren Beiträgen von Alois Fritz, Tiburt Fritz, Gernot Ganahl, Josias Florin, Jutta Soraperra, Alexandra Robl, Werner Rinderer, Barbara Fritz, Josef Eberle
mit Beiträgen von Gregor Schirra, Werner Rinderer, Sigi Jochum
mit weiteren Beiträgen von Hubert Sele, Josef Eberle, Anton Amann, Monika Bischof, Birgit Ortner, Eliane Fritz, Barbara Fritz, Werner Rinderer u.a.
Mit Beiträgen von Klaus Schädler, Karl Fritsche, Walter Rauch, Dietmar Breuß, Werner Rinderer, Gernot Ganahl, Monika Bischof, Bernadette Scherer, Stefan Heim, Caroline William, Martin Walser, Eliane Fritz, Gebhard Fritz u.a.
mit weiteren Beiträgen von Stefan Heim, Barbara Fritz, Josef Eberle, Julia Fritz u.a.
Mit Beiträgen von Jodok Müller, Monika Bischof, Gernot Ganahl, David Ganahl, Birgit Ortner, Mario Greber, Karl Fritsche, Ilse Zirovnik, Daniela Lorenz, Karl Keßler, Katharina Matt, Stefan Heim u.a.
mit weiteren Beiträgen von Jodok Müller, Eliane Fritz u.a.
Mit Beiträgen von Jodok Müller, Monika Bischof, Josef Eberle, Eliane Fritz, Dr. Alois Niederstätter, Dr. Nikolaus Huhn u.a.
mit weiteren Beiträgen von Jodok Müller, Stefan Heim, Monika Bischof, Josef Eberle u.a.
Mit Beiträgen von Jodok Müller, Monika Bischof, Amanda Nesensohn, Mag. Thomas Felfer, Dr. Alois Niederstätter, Dr. Rudolf Berchtel, Dr. Simone Berchtold u.a.
mit weiteren Beiträgen von Gernot Ganahl, David Ganahl, Monika Bischof, Elisabeth Burtscher u.a.
mit weiteren Beiträgen von Jodok Müller, Monika Bischof, Enrico Rizzi, Stefan Heim u.a.
Mit Beiträgen von Jodok Müller, David Ganahl u.a.
mit weiteren Beiträgen von Amanda Nesensohn und Ulrich Nachbaur
Mit Beiträgen von und über Walser in aller Welt
von Jodok Müller, Eliane Fritz, David Ganahl u.a.
Mit Beiträgen aus den Walsergemeinden
von Jodok Müller, Josef Eberle, Werner Rinderer u.a.