Museen und Ausstellungen in Walser Gemeinden

Schwerpunktthema dieser Ausgabe der Walserheimat sind Museen, Ausstellungen und Dokumentationszentren in Walser Gemeinden in Vorarlberg, Tirol und Liechtenstein.

Museen haben sich selbst zum Ziel gesetzt, Zeugnisse der Geschichte der Menschheit zu bewahren. Beim Lesen der einzelnen Museumsberichte spürt man, mit wieviel Engagement und Enthusiasmus viele Kuratoren diese Aufgabe wahrnehmen. Ein Blick in die Vergangenheit kann unser Verständnis für unsere Vorfahren verbessern. Dabei ist es wichtig, nicht nur ein Detail „herauszupicken“ und dieses isoliert zu betrachten. Vielmehr sollten wir versuchen, die Geschichte „auf Augenhöhe“ zu beurteilen und zu erleben. Es geht darum, uns immer vor Augen zu halten, wie damals die äußeren Umstände waren, wie die Umwelt aussah und auch, welche sozialen Regeln in der Gesellschaft galten. Eine solche ganzheitliche Sichtweise hilft, das Vergangene besser zu verstehen. Museen ermöglichen es, unsere Wurzeln zu erkennen. Und viele gute Ideen sind erst durch einen Blick zurück in die Vergangenheit entstanden.

Interessante Museen sind heute nicht mehr verstaubte und abgedunkelte Räume, in denen die Zeit scheinbar stehen geblieben ist. Mit modernen Konzepten versuchen viele Museen ihre Exponate zielgruppengerecht auszustellen und möglichst viel Wissen zu vermitteln. Erlebnisreich sind vor allem auch die modern gestalteten Ausstellungen wie zum Beispiel die Bergschau 1122 im Kleinwalsertal, das Alpinarium in Galtür oder jene des Biosphärenparks im Großen Walsertal. Aber auch in klassischen Museen wird viel getan, um die Besucher zu fesseln. Kinder können mit historischen Puppen spielen, Erwachsene versuchen sich als Senn in der Käseproduktion. Geschichte kann hier erlebt werden.

Die Bandbreite in den Walser Gemeinden reicht vom klassischen Walser-Museum bis hin zur modernen Ausstellung, vom Bergbaumuseum bis zum Puppenmuseum. Vielleicht spürt auch ihr beim Lesen der einzelnen Beiträge die aufkommende Lust und das Interesse, ein Walser Museum oder eine Ausstellung zu besuchen. Überraschende Eindrücke und Erfahrungen sind sicher.

Weitere Informationen zu Museen in Vorarlberg gibt es auf der Internetseite www.vorarlbergmuseen.at. Neben Kurzportraits der einzelnen Museen kann in deren Sammlungen übergreifend recherchiert werden. Informationen zu Öffnungszeiten, Adressen, Internetseiten usw. findet ihr bei jedem Beitrag. Allgemeine Informationen zu Museen gibt es zusätzlich beim Österreichischen Museumsbund unter www.museumsbund.at und beim Deutschen Museumsbund www.museumsbund.de.

Viel Spaß beim Eintauchen in die Walser Geschichte und Walser Gegenwart!

Jodok Müller

Montafoner Bergbaumuseum Silbertal

Das Bergbaumuseum im Gemeindeamt Silbertal. Foto: Montafon Archiv

Das Montafoner Bergbaumuseum Silbertal besteht seit 1996 und befindet sich im Gemeindeamt Silbertal. Das Museum präsentiert die Geschichte des Bergbaus im Montafon von den Anfängen bis zur Gegenwart. Im Mittelpunkt steht ein Schaustollen mit Berghunt und Bergmann. Urkunden, historische Fotos, traditionelles Werkzeug sowie zahlreiche Erzproben aus dem Schürfgebiet ergänzen die Sammlung. Die Montafoner Bergbaugeschichte reicht wahrscheinlich bis in prähistorische Zeiten zurück. Die im Jahr 2000 entdeckte bronzezeitliche Siedlung in Bartholomäberg-Friega dürfte jedenfalls in Zusammenhang mit einem vorgeschichtlichen Kupfererzbergbau zu sehen sein.

Drei Männer in Bergwerkstracht. Foto: Montafon Archiv

Das Churrätische Reichsurbar, ein Einkünfteverzeichnis des Bistums Chur, aus der Zeit um 843 gibt den ältesten bekannten Hinweis auf die Existenz eines mittelalterlichen Bergbaus im Montafon. Die Quelle nennt einen eigenen Eisenbezirk („ministerium ferraires“) mit acht Öfen („octo f ornaces“), der zweifellos in das Gebiet zwischen Bürs, Arlberg und Montafon (Bereich Bartholomäberg-Kristberg) zu lokalisieren ist. Es ist anzunehmen, dass man bald nach dem Eisenerzabbau auf reiche Silberadern stieß, die dann eine lebhafte Epoche des Bergbaus einleiteten. So berichtet eine Urkunde aus dem Jahre 1319 von einem Silberbergwerk. In ihr ist zu lesen, dass König Friedrich der Schöne (Habsburg) seinem Oheim Albrecht von Werdenberg (Bludenz) unter anderem erlaubte, „die Silbergruben oder der Berg genannt Muntafune“ seinem Bruder, dem Grafen Hugo, zu vermachen.

Mittelalterlicher Bergbau im Gaflunatal.

Foto: Montafon Archiv

1355 regelte eine Vertragsurkunde Besitzteilungen zwischen den „Silberern“ und den „Walsern“, jener Volksgruppe, die am Beginn des 14. Jahrhunderts vor allem in hohen Lagen Vorarlbergs siedelte und genauso wie die Silberer besondere Rechte und Freiheiten genoss. Sie besaßen ein eigenes Gericht unter einem Bergrichter, der im Spätmittelalter in Schruns residierte (im Gebäude des heutigen Montafoner Heimatmuseums). Während die Bergrichter die niedere Gerichtsbarkeit ausübten, stand die hohe Gerichtsbarkeit dem Grafen beziehungsweise seinem Vogte zu. Die kaiserlichen Bergwerksordnungen regelten die Befugnisse der Bergrichter, die Arbeitszeiten, die Verwaltung des Holzes für den Bergwerksbetrieb, die Einrichtung von Lehmgruben zur Verhüttung des Erzes und vieles mehr. 1448 wurden unter Erzherzog Sigismund die berühmt gewordenen Silbergruben am Falkenstein in Schwaz eröffnet. Dies führte auch im Montafon zu vermehrter Bergbautätigkeit. Die Entdeckung ergiebiger Silberadern am Kristberg leitete am Ausgang des Mittelalters eine letzte Blütezeit für den Bergbau im Montafon ein. In Bartholomäberg wurde jetzt auch Kupfer gewonnen, wie aus der Erwähnung einer „Kupferleite“ aus dem Jahre 1473 deutlich wird. Im Laufe des 16. Jahrhunderts geriet der Bergbau im Montafon in die Krise: Vor allem die Entdeckung Amerikas und der Import von großen Mengen Silber und Kupfer nach Europa (mit dem anschließenden Preisverfall) bereiteten dem Bergbau im Tale spätestens kurz nach 1600 ein Ende. Das Museum im Silbertal und die Schaubergwerke in Bartholomäberg erinnern somit an längst vergangene Zeiten.

Montafoner Bergbaumuseum Silbertal
Gemeindeamt
A-6780 Silbertal
Tel.: +43 5556 747-23
Bergbaumuseum Silbertal

Andreas Rudigier und Peter Strasser

Aus: Ein kleiner Führer durch das Montafoner Heimatmuseum Schruns. Schruns 2008. S. 43 f.

Im Bergbaumuseum Silbertal. Foto: Montafon Archiv

Literatur:

Rüdiger Krause, Archäologische Ausgrabungen im Montafon: Feuergruben, Alpwüstungen und Montanarchäologie in Bartholomäberg, Silbertal und in Gargellen, in: Jahresbericht der Montafoner Museen, des Heimatschutzvereins Montafon und des Montafon Archivs 2007. Schruns 2008, S. 1.418.

Emil Scheibenstock, Bergknappen. Stollen. Erze. Zur Geschichte des Bergbaues im Montafon. Bartholomäberg-Kristberg-Silbertal. Schruns 1996 (= Bludenzer Geschichtsblätter 31).

Peter Strasser, Die Rekonstruktion der Vergangenheit – Über zwei Ausstellungen der Montafoner Museen in Gaschurn und Silbertal, in: Bludenzer Geschichtsblätter 65 (2002), S. 63-67.

Josef Zurkirchen, Als unser Silber noch aus dem Montafon kam … Die Geschichte des Erzabbaus im Ländle, in: A. Rudigier u. P. Strasser (Hg.), Montafon. Beiträge zur Geschichte und Gegenwart. Schruns 1995 (= Festschrift für Frau Eleonore Schönborn zum 75. Geburtstag, Bludenzer Geschichtsblätter 24-26), S. 373-377

Bergschau 1122 Kleinwalsertal

Der Natur auf der Spur

Die Bergschau im Walserhaus in Hirschegg, Kleinwalsertal

Die „Bergschau 1122“ (Meter Meereshöhe) in Hirschegg ist das etwas andere Museum. Eine Bergschau-Ausstellung, die Einheimische, Gäste, Jung und Alt gleichermaßen fasziniert und begeistert. Eine Erlebnisstätte, an welcher der Besucher das Kleinwalsertal mit allen Sinnen erfassen kann: „3D-Bilder sehen, typische Düfte riechen, besondere Gegenstände erfühlen und typische Geräusche hören.“

Künstlerische Darstellung Tourismus

Ein Informationszentrum für volks-, heimat- und naturkundlich Interessierte, auch beliebter Treffpunkt von Personen, die mit Museen nichts am Hut haben. Die dargestellten Sachverhalte sind für jedermann gut verständlich, regen zu Aktivitäten an und machen neugierig.

Diese Ausstellung ist Teil eines grenzüberschreitenden naturkundlichen Informationssystems in der Region Kleinwalsertal – Oberstdorf. Im Gesamtkonzept mit Infopunkten und Wegen im Gelände bilden sie grundlegende Informationen zu Natur, Kultur und touristischen Infrastruktur. Weitere Bergschau-Infozentren befinden sich im Ortszentrum von Oberstdorf, am Eingang zur Breitachklamm und in der Bergstation der Fellhornbahn. Der im Eingangsbereich des Walserhauses stationierte Publikumsmagnet wurde vom Diplom-Geografen Thomas Dietmann aus Immenstadt konzipiert und ist frei und kostenlos zugänglich. Das Walserhaus ist das Veranstaltungszentrum des Kleinwalsertals, hier sind auch die Tourismuszentrale und das Schimuseum untergebracht.

Der Vorplatz des Walserhauses mit der Bergschau ist mit Steinplatten aus den verschiedenen geologischen Zonen des Tals gestaltet, im Eingangsbereich stößt der Besucher auf eine Steinstraße, ein im Boden eingebauter begehbarer Streifen mit bearbeiteten Natursteinen aus dem Tal, zum Beispiel Konglomerate aus der Arosazone im Bärgundtal oder Schrattenkalk aus dem Helvetikum im Ifengebiet. Hier kann der geologisch interessierte Besucher auch erfahren, warum der Widderstein ein Afrikaner und der Ifen ein Europäer ist. Der Ausstellungsraum wird begrenzt von mächtigen Wänden, Metallkörben, die mit Steinen aus allen geologischen Bereichen des Tals gefüllt sind. An den Glasaußenwänden zeigen grafisch gestaltete Darstellungen des Walser Künstlers Detlef Willand exemplarisch vier markante Stationen der Geschichte des Tals: Jäger aus der Steinzeit, Hirten, Walser Bauern und Touristen der Jetztzeit.

Feuerstelle auf Schneiderküren
aus der Steinzeit

Beeindruckend sind eine Original-Feuerstelle und mehrere Original-Steinwerkzeuge aus der Mittelsteinzeit. Das steinzeitliche Jägerlager auf der Alpe Schneiderküren wurde vor 14 Jahren vom heimischen Künstler und Volkskundler Detlef Willand entdeckt und von der Universität Innsbruck erforscht und ausführlich dokumentiert. Geschichtlich Interessierte können die Broschüre „Der Felsüberhang auf der Schneiderkürenalpe, die ältesten menschlichen Spuren im Kleinwalsertal“ erwerben. Das Kleinwalsertal ist zu einer Drehscheibe der internationalen Steinzeitforschung geworden. Die Ausgrabung eines vorzeitlichen Jägerrastplatzes in der Parzelle Egg bei Riezlern und die sensationelle Entdeckung des ältesten Bergwerks in den Alpen2 bei Mittelberg sind glanzvolle Marksteine in der europäischen Ur- und Frühgeschichte.

Interaktives Landschaftsmodell

Die Walser waren Spezialisten in der Bewirtschaftung von hoch gelegenen Weiden und Mähdern. Vom Prinzip „Zia ond Faara“, nach dem der Walser Bauer mit der Kuh dem Futter nachgeht und nicht umgekehrt, zeugen heute noch viele „Waidschtälle“, frei stehende, hauptsächlich im Frühling und Herbst benutzte landschaftstypische Walser Wirtschaftsgebäude. Auf einer Schautafel kann der Besucher den jahreszeitlichen Kreislauf nachvollziehen.

Am „interaktiven Landschaftsmodell“1 können auf einem Walsertal-Relief mittels Touch-Screen digital gesteuerte Informationen über Landschaft, Geologie, Eiszeiten, Klima und Wetter, Mensch und Natur, Tourismus und Ökologie abgerufen werden. Der Bergschaubesucher wird beispielsweise aufgeklärt, wo die letzte Eiszeit Spuren hinterlassen hat, wo Lawinenverbauungen Gebäude und Straßen schützen, wo der Erholungssuchende Schipisten, Loipen, Winterwanderwege und Lifte vorfindet, über welche Pässe die Walser ins Tal eingewandert sind oder wo schützenswerte Biotope zu finden sind.

Die landschaftliche Schönheit des Tales der Walser und die Schutzwürdigkeit dieser beeindruckenden Natur- und Kulturlandschaft bilden den Mittelpunkt der Bergschau. Im 3D-Film „Zauberwelt Hochifen-Gottesacker“ wird der Zuseher in eine der großartigsten Karstlandschaften der Alpen eingeführt, von der er immer wieder aufs Neue fasziniert sein wird.

Karl Keßler

Fotos: Thomas Dietmann und Karl Keßler
1 T. Dietmann, Die Bergschau, Ein naturkundliches Informationssystem
2 W. Leitner, Universität Innsbruck, Spuren zum ältesten Bergwerk in den Alpen

Weiterführende Informationen:
Thomas Dietmann, Bergschauflyer, erhältlich in den Bergschau-Infozentren
Thomas Dietmann, Die Bergschau, Ein naturkundliches Informationssystem, Hrsg. Verein zum Schutz der Bergwelt e.V., 2007
W. Leitner, Der Felsüberhang auf der Schneiderkürenalpe, 2003, Walserdruck, Riezlern

Bergschau −  813 −  830 −  1122 −  2037

Walserheimat 89, August 2011

wh89Walser Museen

Mit Beiträgen von Jodok Müller, Monika Bischof, Gernot Ganahl, David Ganahl, Birgit Ortner, Mario Greber, Karl Fritsche, Ilse Zirovnik, Daniela Lorenz, Karl Keßler, Katharina Matt, Stefan Heim u.a.

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