Alpinarium Galtür
Das Alpinarium in Galtür erzählt seine eigene Geschichte in der Walserheimat 95:
Mich hat man so gar nicht gewollt. Bis ich dann wegen der Lawine hier entstehen sollte. Ich biete nun Schutz für alle Leute, die heute und auch morgen sich ruhig zum Schlafe legen wollen. Auch bin ich nun ein Ort, an dem sich Jung und Alt die Zeit nehmen, und alles, was sie hören, sehen und lesen, im Geiste mit nach Hause nehmen.
Ich stehe noch nicht lange an dieser Stelle. Wo ich erbaut wurde war vorher im Sommer eine blühende Wiese und im Winter lag hier von Spuren zertrampelter Schnee. In vergangener Zeit sind sicher schon einige Male Ausläufer von einer Lawine auf meinem Grund zum Stillstand gekommen und haben meine übliche blaue und weiße Blütenpracht im Frühling um einige Wochen verzögert.
Ab dem 23. Februar 1999 um 16:00 Uhr, als das Unglück seinen Anfang nahm, änderte sich alles auf meinem Grundstück und rings herum. Eine gewaltige Staublawine löste sich vom Grießkogel und raste über den Sonnenberg auf mich zu. Alles, was ihr im Wege stand, wurde niedergewalzt und zerstört. Aber als die schlimmsten Tage vorbei waren, wurde ich bereits in den Gedanken einiger Köpfe geboren. Besonders einem verdanke ich meine Existenz und das ist Anton Mattle, damals Bürgermeister und Krisenmanager von Galtür. Heute ist er zusätzlich noch Tiroler Landtagsabgeordneter und Landtagsvizepräsident.
Schon bald wurde ich in den ersten Federstrichen skizziert und gezeichnet, bis mein aktuelles Aussehen fixiert wurde. Stolz stehe ich heute da und werde mit neugierigen Blicken bewundert. Besonders mein Innenleben kann sich sehen lassen. In meinem Untergeschoss bin ich die Heimat von verschiedenen Fahrzeugen. Am östlichen Ende hat die Freiwillige Feuerwehr Galtür ein großzügiges Zuhause gefunden. Die Bergrettung beheimate ich ebenso wie die Landjugend Galtür, den Skiclub und eine Garage für den Skilift. Dann reiht sich wohl der schönste Teil von mir, das Alpinarium Galtür, an.
Mit den Ausstellungen „Galtür unter einem Dach“ bis 2004, „Die Lawine“ 2004/2005 und der Landesausstellung „Die Mauer – Leben am Berg“ durfte ich schon über 400.000 Besucher begrüßen und ihnen zeigen, wie es sich damals zugetragen hat und Einblick in die Geschichte von Galtür geben. Auch vielen heimischen Künstlern habe ich für ihre Ausstellungen Raum geboten. Erst kürzlich, am 22. Jänner 2014, wurde in meinen Räumen die neue Ausstellung „Ganz oben“ feierlich eröffnet und eingeweiht.
Was ist „Ganz oben“, werden sich viele, die diese Zeilen lesen, fragen. Komm einfach einmal bei mir vorbei und du wirst mit Sicherheit überrascht sein. Von uralten Bildern und Texten bis zum heutigen Tag, alles ist an meinen spiegelnden Wänden zu lesen und zu bestaunen. Auch das Unglück von damals kann in einem Film angeschaut werden. Die eine oder andere Ausstellung von Künstlern werde ich sicher auch wieder in meinen Räumen begrüßen.
Im „Enziansaal“ im Obergeschoss biete ich Raum für Versammlungen, Schulungen und Kongresse. Eine Bibliothek ist seit neuestem auch in meinem Innenleben zu Hause. Auch für Speis und Trank wird in mir gesorgt. Im Café „Gefrorenes Wasser“ habe ich schon manche durstige Seele oder manchen hungrigen Magen zufrieden gestellt. Jung und Alt sind glücklich, wenn sie ihre Kletterkünste an meiner Indoor Boulderwand zeigen können. Von der Terrasse vom Café gelangt der Besucher auf das Aussichtspodium auf dem Dach des Alpinariums. Auf meiner Rückseite ist eine aus Natursteinen erbaute Kletterwand, an der sich schon viele Kletterbegeisterte ausgetobt haben.
Aber als Gesamtes gesehen bin ich eine Schutzmauer und für die Lawinensicherheit für die Menschen und die Objekte in den Ortsteilen Winkl und Frühmeßgut sowie Kirchegg zuständig. Denn ich bin in die Mauer integriert, die vom Ortsteil Platz bis zum Haus Elisabeth zirka 340 Meter lang und bis zu 19 Meter hoch ist. Geplant wurde ich vom Architekten Falch und dem Gemeinderat von Galtür. Vielen Dank möchte ich dem Obmann vom Alpinarium Toni Mattle und seinem engsten Mitarbeiter Ing. Helmut Pöll mit ihren Mitarbeitern sagen, die eigentlich für mein reges Leben jahrein und jahraus verantwortlich sind.
Meine technischen Daten will ich nicht vorenthalten: Ich stehe auf einer Fläche von 2.557 m², habe eine Gesamtnutzfläche von 5.075 m² und bin 135 Meter lang und 19 Meter tief. Insgesamt habe ich einen umbauten Raum von 20.618 m³. 7.500 m³ Beton wurden verarbeitet, bis ich fertig gestellt war. Allein die Bodenplatte, die eine Stärke von 70 Zentimeter hat, benötigte 2.500 m³. Meine Rückwand ist 50 Zentimeter stark und wurde noch mit einer Kletterwand aus Natursteinen verschönert.
Das ist die Geschichte von mir, dem Alpinarium in Galtür, und ich würde mich freuen, wenn ich den einen oder anderen Leser dieser Zeilen einmal in mir begrüßen dürfte.
P.S.: Übrigens wurde mir 2008 das österreichische Museumsgütesiegel verliehen und schon ein Jahr davor wurde ich mit dem European Museum Award ausgezeichnet.
Gebhard Walter, Galtür
Dieser Artikel ist in Heft 95 der „Walserheimat“ zu finden.